zum Hauptinhalt

Bankenskandal: Erste Plädoyers im Prozess

Knapp eineinhalb Jahre nach Beginn des zentralen Prozesses um den Berliner Bankenskandal hat vor dem Landgericht Berlin die Staatsanwaltschaft ihr zweitägiges Plädoyer begonnen.

Berlin - In dem 170 Seiten umfassenden Schlussvortrag warf Oberstaatsanwältin Vera Junker den zum Teil noch aktiven Führungskräften der Bankgesellschaft "unkritisches" und "bewusst pflichtwidriges" Verhalten bei der Millionenkreditvergabe an die Immobilienfirma Aubis vor. Die Strafanträge sollten am Mittwoch gestellt werden.

Nach Junkers Überzeugung haben sich die Untreuevorwürfe gegen die insgesamt 13 Angeklagten "in vollem Umfang bestätigt". Im Prozess müssen sich neben dem ehemaligen Vorstandschef der Berlin Hyp und Ex-CDU-Fraktionschef, Klaus-Rüdiger Landowsky, zwölf weitere frühere Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern der Berliner Bankgesellschaft verantworten.

Ihnen wird vorgeworfen in unterschiedlicher Beteiligung in den Jahren 1996 und 1997 einer Kreditvergabe zum Ankauf von Plattenbauten in Ostdeutschland über 235 Millionen Euro an Aubis zugestimmt zu haben, ohne die Bonität der Aubis-Chefs sowie das Leerstandsrisiko ausreichend geprüft zu haben.

"Über Kritik und Bedenken hinweggesetzt"

Die Angeklagten haben nach Überzeugung Junkers ihre "Pflicht zur Betreuung des Vermögens der BerlinHyp" und zur "Risiko- und Bonitätsprüfung" gravierend verletzt. Sie hätten sich über "Kritik und eigene Bedenken" hinweggesetzt und auf eine Prüfung der Aubis-Unterlagen durch die BerlinHyp verzichtet.

Außerdem sei das Vermögen der Aubis-Manager durch "falsch ermittelte Ertragswerte" überbewertet worden, führte Junker an. Ihrer Auffassung nach war bereits bei der ersten Kreditvergabe 1996 für eine Objekt in Leipzig für die Angeklagten erkennbar, dass die Aubis-Chefs Klaus-Hermann Wienhold und Christian Neuling "keine positiven Einkünfte aus anderen Quellen" hatten, um einen möglichen Verlust zu kompensieren.

Die Angeklagten hätten sich "keinesfalls mit allgemeinen Feststellungen zufrieden geben dürfen", sondern die "aktuellen Geschäftszahlen" und Unterlagen prüfen müssen, sagte die Oberstaatsanwältin. Diese seien aber "unvollständig und veraltet" gewesen, was durch "einfaches Überprüfen" erkennbar gewesen wäre.

Angeklagte bestreiten Vorwürfe

Im Verfahren hatten alle Angeklagten die Vorwürfe vehement bestritten und ihr Handeln gerechtfertigt. Die Staatsanwaltschaft habe die "eineinhalbjährige Beweisaufnahme verschlafen", kritisierte der Verteidiger von Landowsky und kündigte an, auf Freispruch für seinen Mandanten zu plädieren.

Der Vorsitzende des inzwischen abgeschlossenen parlamentarischen Untersuchungsausschusses zur Bankenaffäre, Frank Zimmermann (SPD), verwies indes auf die Verantwortung von Landowsky. Nach Erkenntnissen des Ausschusses habe Landowsky als damaliger Chef der Berlin Hyp "persönlich dafür gesorgt", dass Aubis Kredite in Höhe von mehr als 235 Millionen Euro gewährt wurden. Auch sei er maßgeblich dafür verantwortlich, dass problematische Gebäude von Aubis in die Immobilienfonds der Bankgesellschaft übernommen wurden, fügte Zimmermann hinzu.

Die umstrittenen Kredite und eine zeitnahe Barspende der zwei Aubis-Chefs an die Berliner CDU hatte die Bankenkrise ausgelöst und 2001 zum Bruch der großen Koalition geführt. (Von Beatrix Boldt, ddp)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false