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Einen Braunbär in der U-Bahn zeigt eines der offiziellen Berlinale-Plakatmotive für die 66. Berliner Filmfestspiele.

© dpa

Matthies meint: Bär ohne Leine, ist mir egal

Die Berlinale wirbt mit einem Bären in der Bahn. Oder doch mit Berlins Egal-Mentalität? Ist doch schnuppe, meint Bernd Matthies. Eine Glosse.

Eine Glosse von Lars von Törne

Zu den härtesten Aufgaben, die diese Stadt zu bieten hat, gehört die Anfertigung von Plakaten für Großveranstaltungen, an denen sich nie was ändert: Grüne Woche, ITB und so weiter. Ganz schlimm ist die Berlinale, deren Weltruf auf drei unveränderlichen Säulen ruht: Berlin, Filme, Bären. Meistens waren dann also auf den Plakaten Filme zu sehen, und zwar die alten mit den Löchern an den Seiten; oft Berlin, manchmal Bären. Das Plakat für die kommenden Filmfestspiele hebt nun zwei Komponenten hervor: Berlin in Gestalt eines alten U-Bahn-Wagens auf einem tristen Bahnhof – und einen Bären auf allen vieren, der grad aussteigt. Hey, sagen die Betrachter in aller Welt nun, klar, Berlin, das ist diese komische Großstadt kurz vor dem Ural, da fahren die halt mit ihren Bären in der Bahn oder die Bären gleich solo, diese Merkel erlaubt denen aber auch jeden Scheiß.

War doch nicht eben noch der BVG-Rapper Kazim Akboga?

Um von diesem Plakatmotiv allerdings auf die Berlinale zu kommen, müssen wir einige geistige Umleitungen bewältigen. Es könnte an unsere Fantasie appellieren, das sog. Kopfkino in Gang setzen. Was passiert, wenn der Bär auf einen Kontrolleur trifft und seinen Fahrausweis im Zoo vergessen hat? Steckt er bald im Fahrstuhl zum anderen Bahnsteig fest, oder tanzt er den anderen Fahrgästen was vor, damit sie ihm die neue Ausgabe des „Straßenbären“ abkaufen? Rasch verfilmt, ließe sich mit diesem sensiblen Aufruf zu Empathie und kultureller Diversifikation zweifellos der Silberne Bär der Kurzfilmjury abräumen, und in Kosslicks Fress-Kino könnten sie dazu was mit marinierten Bärentatzen kochen.

Läuft also. Wenngleich sich eine aktuelle filmische Assoziation doch vordrängelt: das Video der BVG mit dem Rapper Kazim Akboga als pummligem Kontrolleur, der nur aufs gültige Ticket guckt: „Mann auf Pferd/is mir egal/Mann auf Mann, is mir egal ...“ Sein ziemlich eintöniger Singsang ist gerade dabei, der Welt vor Ohren und Augen zu führen, wie wir das mit dem Leben hier in Berlin handhaben. Es wird längst überall weitergedichtet. Also wäre auch gegen „Bär ohne Leine/is mir egal“ nichts einzuwenden, es würde sich ins Filmchen bruchlos einfügen lassen.
Das Berlinale-Plakat besagt also ... gar nichts. Aber sicher stehen unten die Termine drauf und die Website. Damit hätte es seinen Zweck erfüllt. Und der Rest der Botschaft? Is mir egal.

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