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Berlin: Barocke Pracht im Wappensaal

Tausende zog es ins restaurierte Schloss Köpenick, um den üppigen Stuck zu bewundern

„Überwältigend, einfach überwältigend“, jubelt Jeanette Desel im Schlosszimmer mit dem Plafondgemälde von Iphigenies Opferung. Aber nicht die antike Tragödie bewegt sie momentan, sondern der Ausblick vom Köpenicker Schloss auf die ruhig dahinfließende Dahme, der wuchtige Bau an sich und seine wertvollen barocken Stuck-Kunstwerke in 29 Räumen.

Die Berlinerin ist an diesem Samstagmorgen schon früh vom Mühlendamm in den südöstlichen Teil Berlins gefahren. Nur drei Tage lang öffnet sich das Schloss nach aufwändiger neunjähriger Restaurierung für Besucher, ehe es Ende Mai als Dependance des Kunstgewerbemuseums endgültig empfangsbereit ist. Zum Tag des offenen Denkmals aber präsentiert es sich nackt – in barocker Üppigkeit. Etwas verunsichert betrachtet Helga Hänsel, seit fünf Jahrzehnten in Köpenick zu Hause, den Wappensaal. Ihr ist das Prunkstück im zweiten Obergeschoss „zu leer“. Die kecken Hermenpilaster, die hier 25 reich dekorierte stuckierte Wappen der brandenburgischen Länder tragen, und die wunderbaren Schattierungen des Mennige-Rot begeistern sie weniger. Sie vermisst das vertraute Interieur.

Gemach: Im nächsten Jahr wird in diesem Saal, in dem 1730 der treue Leutnant Katte zum Tode verurteilt wurde, das KPM-Geschirr seines Jugendfreundes Friedrich II. wieder ein prunkvoller Mittelpunkt werden. Im Schloss-Vestibül wirkt Lothar Lambacher, Oberkustos am Kunstgewerbemuseum, wie ein Fels in der Brandung. Verbindlich wendet er sich jedem Fragenden zu, bis Samstagmittag zogen 7 000 an ihm vorbei. Bei den Führungen „schafft“ er aber höchstens drei bis vier der 36 Schlossgemächer. Auch leere Räume beinhalten Geschichten. Eine ist die zum Stuck des Boucher-Zimmers, der ab- und auseinander genommen wurde, Dornröschenschlaf im Keller hielt, bis ins Tessin reiste und mit sechs synchronen Motorwinden im August wieder dahin gehievt wurde, wo er hingehört – an die Decke nämlich…

Helga Heinke

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