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Spitzenbau. Das Tempodrom am Anhalter Bahnhof wurde zum Fass ohne Boden.

© dpa

Bauen in Berlin: Milliarden investieren und doch Pleite gehen

Nicht nur am BER kann das Bauen schiefgehen. Auch andere Großprojekte gerieten durch Insolvenzen in Schwierigkeiten. Wir erinnern an spektakuläre Fälle aus Berlin.

Wer erinnert sich nicht an Jürgen Schneider und Roland Ernst? Sie jonglierten mit Milliarden, investierten in Berliner Beton – und endeten ohne einen Cent. Ein solches Schicksal ereilt beileibe nicht nur Privatinvestoren, oft ist das Land mit im Spiel, wenn es plötzlich heißt: Schluss, aus, das Projekt, die Firma ist pleite. Eine Auswahl.

Staatsoper: Im inoffiziellen Wettbewerb um Berlins wichtigste Pannenbaustelle liegt die Staatsoper Unter den Linden knapp hinter dem BER – und verzeichnete noch vor dem BER die Insolvenz einer am Projekt beteiligten wichtigen Ingenieurfirma. Im Februar vergangenen Jahres meldete das Ingenieurbüro Scholze mit Hauptsitz in Stuttgart Zahlungsunfähigkeit. Dessen Berliner Niederlassung war federführend bei der Entwicklung, dem Bau und der Bauüberwachung der komplizierten Anlagen zur Belüftung und Beheizung des Opernhauses sowie für die Sanitäranlagen. Wie viel Zeit und Geld die Pleite das Gesamtprojekt kostet, kann bei der Fülle der Pannen wohl niemand wissen: Die Staatsoper sollte bereits 2013 eröffnen.

Tempodrom: Die Pleite des Tempodroms ist eine der wenigen Insolvenzen, die ein politisches Beben verursachte: Der starke Mann der SPD und Bausenator Peter Strieder legte infolge der Affäre, die auch staatsanwaltschaftliche Ermittlungen nach sich zog, alle Ämter nieder. Die Kosten für den Neubau der alternativen Spielstätte hatten sich von geplanten 15 Millionen auf über 30 Millionen Euro verdoppelt. Zwei Jahre nach Eröffnung des Tempodroms zog der damalige Finanzsenator Thilo Sarrazin die Reißleine, lehnte die Zahlung weiterer Subventionen ab und schickte das Haus am Gleisdreieck in die Insolvenz. Ein Jahrzehnt später ist das Zeltdach aus Beton privatisiert und als Konzert- und Theaterstätte etabliert. Das Land musste Millionen abschreiben.

Olympiastadion: Viel Lob gab es für das umgebaute und sanierte Olympiastadion – die Pleite der für die Arbeiten zuständigen Firma Walter Bau ist fast schon vergessen. Das mag auch daran liegen, dass der Senat mit dem Insolvenzverwalter zusammenarbeitete und das Ende der Restarbeiten im Jahr 2005 erreichte. Doch war der Friede nur von kurzer Dauer, drei Jahre später erhob der Insolvenzverwalter Nachforderungen und zog gegen Berlin sogar vor Gericht. Das Land hatte in einem Vertrag aus dem Jahr 2000 die Walter Bau AG für eine Festsumme von rund 240 Millionen Euro mit der Sanierung beauftragt.

Möckernkiez: „Das ist unsere Stadt“, schmetterten Ton, Steine, Scherben und in diesem Geist taten sich vor acht Jahren ein paar Kreuzberger zusammen, setzten sich im Bieterwettstreit um 30 000 Quadratmeter Bauland am Park am Gleisdreieck durch und diskutierten stundenlang, wie ihr kleines Dorf, der „Möckernkiez“, mal werden würde. Die Rohbauten stehen, die Illusionen vergehen: Die Genossenschaft schreibt einen Millionenverlust, will zwei Grundstücke verkaufen und braucht einen Finanzpartner, damit die Arbeiten weitergehen. Eine Pleite kann man so umgehen, heißt es. Mehr als 460 Wohnungen für die Genossen in 17 Häusern sollen entstehen.

Landsberger Arkaden: Lange stand er im Ruf, Berlins größte Bauruine zu sein, der Rohbau an der Landsberger Allee, gleich am S-Bahnhof. Geplant hatte den Komplex aus Wohnungen und Büroflächen der inzwischen verstorbene Stararchitekt Aldo Rossi bereits Mitte der 1990er Jahre. Doch 1997 lief die Baugrube mit Wasser voll und den schillernden Münchener Investoren Peter und Isolde Kottmair ging die Luft aus. Der Tourismusboom in Berlin brachte zehn Jahre später wieder Schwung in das Projekt: Im März 2007 eröffnete das Andel’s Hotel Berlin in den lange leer stehenden Gemäuern.

Spandauer Tor: Goldgräberstimmung herrschte nach der Wende in ganz Berlin, die Stadt sollte zur Drehscheibe des Handels zwischen Ost und West werden – und Spandau mittenmang. Stararchitekt Claude Vasconi entwarf rechts und links von der Straße Am Juliusturm Neubauten für umgerechnet 400 Millionen Euro. Im Jahr 1995 war der Traum allerdings aus. Von einem zwölfgeschossigen Rohbau abgesehen entstand – nichts. Der Rohbau gammelte 20 Jahre vor sich hin. Vor Kurzem wurde er abgerissen und das Grundstück verkauft.

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