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Berlin: Bauer sucht Gast

Der Hof wird gefegt, der Traktor aus dem Schuppen geholt: Brandenburgs Bauern laden zur Landpartie ein. Auch Familie Rabe freut sich über Besuch auf ihrem Biogut – und lüftet ein Geheimnis.

Ein Schmatzen und Kauen, ein Schlecken und Knabbern. Genüsslich schlingen Zuchtbulle Hagen, seine Begleiterinnen Mickey, die weiße Kuh Flöckchen, die strubbelige Pony und etwa 60 weitere Rinder im Stall von Familie Rabe ihren Klee hinunter. „Lila Kühe haben wir nicht“, ruft Nachwuchslandwirtin Anja Rabe gegen die Geräuschkulisse der malmenden Tiere an. „Aber das hat auch noch nie jemand gefragt.“ Nur die Hörner, die verwundern viele. „Nicht nur Bullen tragen die“, sagt die Agrarstudentin und schippt noch eine Fuhre Klee nach, bevor es zu den Kälbern geht.

Die Backöfen werden angeheizt, der Hof gefegt und der historische Traktor aus dem Schuppen gefahren: Am heutigen Sonnabend und morgigen Sonntag findet in Brandenburg wieder die Landpartie statt. Am Wochenende öffnen Bauernhöfe, Agrarunternehmen und ländliche Kultureinrichtungen ihre Stall- und Hoftore. Ziegenkäsereien, Hirsch- oder Emufarmen, Imkereien, Gestüte oder Ökohöfe wie der von Familie Rabe aus dem kleinen Ortsteil Körzin bei Beelitz – weit über 200 Betriebe wollen ihren Gästen aus Berlin, Potsdam und der Region das Landleben näherbringen.

„Viele Kinder wissen nicht mehr genau, wo die Milch herkommt“, sagt Anja Rabe. Eben nicht aus dem Supermarkt, sondern von der Kuh und das auch erst, nachdem die das erste Mal Nachwuchs auf die Welt gebracht hat, erklärt die 25-Jährige in den langen schwarzen Gummistiefeln.

Schon achtmal haben die Rabes ihren Ökohof zur Landpartie geöffnet. An Biertischen und -bänken gab es zwischen Schweine- und Kuhstall frisch gebackenen Hefekuchen, heiße Suppe und Musik. Das soll auch in diesem Jahr so sein. Zudem wird ein Künstler seine Werke ausstellen und ein Gärtner Pflanzen verkaufen. Kinder können auf den Traktor klettern oder den Kuhnachwuchs streicheln. 20 Kälber haben Rabes Kühe in dieser Saison bekommen, die Jüngsten sind gerade fünf Wochen alt. „Im Stall wird’s jetzt eng, aber das geht schon“, sagt Rabe. Beschweren können sich die Landwirte nicht. „Unser Haupteinkommen ist die Milch.“ Mehrmals in der Woche wird sie abgeholt und landet später in Biosupermärkten in Berlin und Potsdam. Wer am Wochenende vorbeikommt und eine leere Flasche mitbringt, kann auch Rohmilch direkt vom Hof bekommen. „Die schmeckt kräftiger als die Milch aus dem Supermarkt.“

Anders als ihre beiden Geschwister hat sich die Studentin bereits für die Landarbeit entschieden und Agrarmanagement studiert. Langweilig wird ihr das Landleben nicht, sagt sie. Ihre Freunde wohnen in der Nähe und bis nach Berlin sind es mit Auto gerade 40 Minuten. Irgendwann will sie den Hof übernehmen, der schon seit 1832 in Familienbesitz ist. Ohne Auto wird es schwierig, zur Landpartie das Biogut am Naturpark Nuthe- Nieplitz zu erreichen. „Das geht dann nur mit Fahrrad oder zu Fuß“, sagt Anja Rabe. Busse oder Bahnen gibt es in Körzin nicht, dafür im zehn Kilometer entfernten Beelitz.

Doch die Anfahrt mit dem Rad zum abgelegenen Dörfchen zwischen den überfluteten Wiesen und Bruchwäldern des Naturparks lohnt sich. Knapp zwei Dutzend Bauernhäuschen stehen in Körzin an der Dorfstraße. Zwischendrin Rabes Hof und auch der Reiterhof „Meadow Ranch“, der ebenfalls zur Landpartie jeweils von 11 bis 18 Uhr geöffnet ist. Gegenüber befindet sich das Restaurant „Landlust“. Dort steht gerade Hirschrücken auf der Karte. Wer noch etwas weiterfahren will, kann sich im nahen Zauchwitz am Spargelhof Syring mit frischem Edelgemüse versorgen oder im Hofladen von Ilona Lapsien mit Waldmeisterbowle und Kartoffelpuffer stärken.

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