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Baugruppen: Senat fördert die neue "Bürgerbewegung"

Die Gewinner der Finanzkrise auf dem Berliner Immobilienmarkt sind private Baugruppen. Ihre Mitglieder gehören oft zur Generation 50 plus. Einige bauen zu sechst, andere mit 300 Partnern. Der Senat bietet ihnen diverse Grundstücke an.

Der Chef des Berliner Liegenschaftsfonds Holger Lippmann sagt, dass die landeseigene Firma in diesem Jahr bereits acht Grundstücke an Gruppen von Privatleuten verkauft habe, darunter seien auch viele Familien. Diese wollen auf den Grundstücken gemeinsam Stadtvillen, Reihenhäuser oder Mehrfamilienhäuser errichten. Diesen Trend will die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung verstärken: Fünf Grundstücke sollen zum Verkehrswert an private Baugruppen verkauft werden – um noch mehr Familien mit mittleren Einkommen in der Innenstadt zu halten.

„Wir stützen diesen Trend intensiv durch die Bereitstellung von Grundstücken zum Verkehrswert und durch die Beratung der Baugruppen“, sagt die Staatssekretärin für Stadtentwicklung Hella Dunger-Löper. Baugruppen schweißten die Beteiligten zusammen. Und durch die Bereitstellung von Grundstücken in Prenzlauer Berg, Mitte oder der Rummelsburger Bucht profitierten die Bewohner auch von der guten innerstädtischen „Infrastruktur“: Schulen, Kitas, Busse und Bahnen sowie Geschäfte seien im Kiez ja bereits vorhanden. Und der Chef des Liegenschaftsfonds Holger Lippmann sagt: „Wir haben Grundstücke in Mitte, Friedrichshain, Kreuzberg und Pankow an acht Baugruppen verkauft.“ Zu den besten Lagen zählte der Weinbergsweg mitten in der Stadt.

Familien oder Paare, die als Baugruppen Wohneigentum erwerben, kommen auch deshalb am Immobilienmarkt zum Zuge, weil zurzeit kaum noch eine Nachfrage seitens des Baugewerbes besteht. „Investitionen von mehr als 50 Millionen Euro wie am Humboldthafen sind fast nicht mehr umsetzbar“, sagt Lippmann. Marktexperten beklagen seit Monaten, dass Banken wegen der Finanzkrise bei der Vergabe von Krediten zögern und viel eigenes Kapital verlangen. Das können viele Bauträger nicht bieten.

„Südwestsonne“, „Mut zur Lücke“ oder schlicht „Möckernkiez“, das sind die Namen von Berliner Baugruppen. Damit es immer mehr werden, fördert der Senat seit gut einem Jahr deren Beratung durch die Firma „Stattbau“. Über 300 Gespräche hat Constanze Cremer in dieser Zeit geführt. „Manche reden Jahre und bauen nie, andere ziehen nach 15 Monaten in das Haus ein“, sagt sie. Ob so oder so – die Nachfrage übersteige bei Weitem das Angebot. Deshalb beschloss der Senat Anfang Juni, dass der Liegenschaftsfonds nach einem ersten erfolgreichen „Test“ nun regelmäßig Grundstücke in der Innenstadt an Baugruppen verkaufen soll, zum Teil zu Festpreisen.

Auch die Wohnungsbaugesellschaft Gesobau ist auf den Zug aufgesprungen. Sie stellt Grundstücke in Wedding, Charlottenburg und Pankow zur Verfügung. Dort sollten einmal Sozialbauten entstehen. Nun bekommt die Baugruppe mit dem besten Konzept, „und nicht dem höchsten Gebot“ den Zuschlag, sagt Cremer. Denn anders als bei Ansammlungen von Townhouses steht bei „echten“ Baugruppen gemeinsames Planen und Wohnen im Mittelpunkt. Das fängt bei der Auswahl der Architektur an und endet bei gemeinschaftlich genutzten Gärten, Dachterrassen oder Erdgeschossen.

Und noch etwas ist neu: „Baugruppenmitglieder gehören oft zur Generation 50 plus und kommen häufig aus München oder Stuttgart“, sagt Cremer. Sie wollen in der Innenstadt leben, zurück „ins pralle Leben“, nachdem die Kinder aus dem Haus sind. So entstehen kleine Gruppen mit sechs Haushalten oder auch große Gemeinschaften mit 300 Mitgliedern, wie die Gruppe „Möckernkiez“ zeigt. Sie baut auf einem 30 000 Quadratmeter großen Areal am Gleisdreieck und ist genossenschaftlich organisiert.

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