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Flughafendesaster: Bauplaner überwachten sich selbst

Die Flughafengesellschaft kündigt der Projektleitung um Architekt Gerkan. Die Koordinierung lief im Widerspruch zur Rechtssprechung.

Jetzt ist die Trennung amtlich: Die Flughafengesellschaft hat alle Verträge mit der planungskoordinierenden „Projektgemeinschaft BBI“ (PG BBI) gekündigt. Der Aufsichtsrat hatte dies bereits auf seiner Krisensitzung in der vergangenen Woche angekündigt. Begründet wird der Schritt mit „mangelhafter Koordinierung“ bei der Bauüberwachung am neuen Hauptstadtflughafen BER in Schönefeld, dessen geplante Inbetriebnahme am 3. Juni geplatzt war.

Der Projektgemeinschaft, bestehend aus dem Architekturbüro gmp des Flughafen-Architekten Meinhard von Gerkan, dem Architekturbüro JSK und der Ingenieur GmbH, wird angelastet, zu spät und erst auf Druck der Flughafengesellschaft eingestanden zu haben, dass der Eröffnungstermin nicht mehr zu halten ist. Die Flughafengesellschaft mit ihren 100 Mitarbeitern will die bisherigen Aufgaben der PG BBI künftig selbst stemmen.

Mit der Kündigung behebt die Flughafengesellschaft zugleich einen Geburtsfehler beim Bau des Flughafens, der offenbar auch Ursache für die Kommunikationspannen über die Zustände auf der Baustelle ist – und vermeidbar gewesen wäre. Denn von Beginn an bestanden Zweifel, ob die PG BBI mit der Entwurfs- und Ausführungsplanung und zugleich mit der Bauüberwachung hätte betraut werden dürfen. Zumal es darüber schon einmal Streit gab – und zwar beim Bau der Start- und Landebahn. Das brandenburgische Oberlandesgericht befand eine solche Doppelbeauftragung jedenfalls für unzulässig, weil nach Ansicht der Richter eine Interessenkollision besteht.

Bereits im Jahr 2006 wollte die Flughafengesellschaft nach einer Ausschreibung die Bauüberwachung für die Start- und Landebahn an die Generalplaner vergeben, nämlich an die Planungsgemeinschaft um Gerkan. Andere Unternehmen beschwerten sich darüber und bekamen Recht, erst vor der Vergabekammer des Landes Brandenburg, dann durch das brandenburgische Oberlandesgericht Anfang 2007. In dem Beschluss zur Bauüberwachung stellten die Richter fest: „Die ordnungsgemäße Erfüllung der ausgeschriebenen Leistungen setzt zwingend eine Neutralität des Auftragnehmers gegenüber allen Vertragspartnern der Auftraggeberin voraus.“ Zudem würde der Zweck der Bauüberwachung gefährdet werden, wenn der Auftragnehmer „sowohl im Lager der Auftraggeberin als auch in demjenigen des zu überwachenden Generalplaners stünde“ oder „mit diesem identisch wäre“. Das Gericht schloss die Generalplanerin wegen der geforderten Neutralität aus dem Vergabeverfahren aus.

Der renommierte Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht, Ralf Leinemann, der Firmen auf der BER-Baustelle vertritt, aber auch bei anderen Großprojekten wie dem Berliner Hauptbahnhof tätig war, hatte damals das Urteil für mehrere Unternehmen erstritten. Nun wirft er der Flughafengesellschaft beim Bau des Terminals vor, „eine personifizierte Interessenkollision in der Planung und Überwachung geschaffen“ zu haben, die sich inzwischen als „nicht sachgerecht und unvorteilhaft“ herausgestellt habe. „Dabei wurde gegen die eindeutige Rechtsprechung verstoßen“, und zwar aus jenem Verfahren, in dem die Flughafengesellschaft 2007 verloren habe. Auch sei verwunderlich, dass bei Flughafengesellschaft und Aufsichtsrat niemand gegen diese „offenkundig rechtswidrige“ Praxis Einspruch eingelegt habe.

Die Flughafengesellschaft hat dagegen bis heute kein Problem damit. Sprecher Ralf Kunkel sagte, es sei „rechtlich korrekt“, dass die PG BBI zugleich mit Planung und Überwachung beauftragt worden sei. Ob dies im Rückblick nicht erst zu den Problemen auf der Baustelle geführt habe, wollte er nicht kommentieren.

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