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Es wurden 20 Prozent Wohnungen weniger fertiggestellt als im Vorjahr.

© picture alliance/dpa

Update

Energiepreise für Wohnungsfirmen teils verdreifacht: Bautätigkeit in Berlin bricht massiv ein – Verband fordert Heizkosten-Deckel

Bei den kommunalen Wohnungsunternehmen sacken die Neubauzahlen ab. Für Mieter könnten schon in diesem Jahr die Energiekosten um 50 Prozent steigen.

Die Bautätigkeit der kommunalen Wohnungsunternehmen und Genossenschaften in Berlin und Brandenburg bricht deutlich ein. Mietern könnten derweil schon in diesem Jahr Heizkostensteigerungen von mehr als 50 Prozent bevorstehen. Das sagte die Chefin des Verbands der Berlin-Brandenburgischen Wohnungsunternehmen (BBU), Maren Kern, bei der Jahrespressekonferenz am Mittwoch.

Kern sprach von einer „Zeitenwende“ beim Wohnen und Bauen. Besonders die explodierenden Energiekosten würden Wohnungswirtschaft und Mieter bedrohen. Der BBU fordert deshalb eine Deckelung für Heizkosten bei 40 Prozent der Nettokaltmieten.

Bei den Baufertigstellungszahlen meldeten die 340 Mitgliedsunternehmen in Berlin und Brandenburg den ersten Rückgang seit acht Jahren. Es wurden 20 Prozent weniger Wohnungen fertiggestellt als im Vorjahr. Auch die Zahl der Grundsteinlegungen sank 2021 im Vergleich zum Vorjahr um fast 30 Prozent. 20 Prozent schon geplanter Neubauvorhaben werden außerdem gar nicht mehr umgesetzt, 16 Prozent werden sich verzögern.

Kern nannte diese Zahlen „erschreckend“ und warnte: „Wir sind erst am Beginn eines Sturmtiefs.“ Die Neubauziele des Berliner Senats von 20 000 Wohnungen pro Jahr seien „kaum noch haltbar“.

Als Grund dafür nannte Kern unterbrochene Lieferketten durch den Krieg in der Ukraine, die große Energieversorgungsunsicherheit, Fachkräftemangel, rasant steigende Baukosten und Zinsen. Sie belasten die Bau- und Wohnungsbranche stark. Mit einem Plus von nur noch 1,1 Prozent lag das Investitionswachstum bei den Unternehmen 2021 so niedrig wie seit 2008 nicht mehr – für das laufende Jahr wird mit dem Verschieben vieler schon geplanter Vorhaben gerechnet. „In Anbetracht der gleichzeitig sehr hohen Baupreisinflation sind unsere Investitionen real sogar deutlich zurückgegangen“, sagte BBU-Chefin Kern.

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Gleichzeitig, sagte Kern, würden die Mitgliedsunternehmen des BBU die Mieten noch stabil halten. Mit 6,41 Euro nettokalt pro Monat und Quadratmeter 2021 haben sie sich seit dem „Vor-Mietendeckel-Jahr“ 2019 mit einer jährlichen Zuwachsrate von nur 1,0 Prozent praktisch nicht verändert. 2021 lag die allgemeine Inflation bei 2,8 Prozent, das Bruttoeinkommen ist seither um fast vier Prozent gestiegen, die Baupreise für Wohnungsneubau um neun Prozent.

Kern sagte: „Die Mieten explodieren nicht in weiten Teilen Berlins und liegen noch deutlich unter denen anderer Metropolen“. Berlin liege heute auf dem Niveau von Hamburg vor 13 Jahren – allerdings ist dort auch das Lohnniveau deutlich höher als in Berlin.

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In eindringlichen Worten beschrieb Kern die Entwicklung der Energiepreise. Einer aktuellen BBU-Umfrage zufolge hätten die Versorger seit Jahresbeginn 2022 bei rund 85 Prozent der Berliner BBU-Mitgliedsunternehmen die Energiepreise angehoben – um Werte von teils bis zu 300 Prozent. Mieter müssten deshalb schon in diesem Jahr mit Mehrkosten beim Heizen von „50 Prozent plus X“ rechnen, wie Kern ausführte.

Bei einer Vorauszahlung von im Schnitt 99 Cent pro Quadratmeter in einer 60-Quadratmeter-Wohnung entspricht das 360 Euro Mehrkosten im Jahr. „Im kommenden Jahr erwarten wir deutlich höhere Steigerungen – niemand kann die Höhe bisher genau voraussagen“, sagte Kern.

Die WBM hat Vorauszahlungen schon um bis zu 100  Prozent erhöht

Bis Herbst werden deshalb wohl in allen Mitgliedsunternehmen Anpassungen der Vorauszahlung nach der erfolgten Betriebskostenabrechnung erwartet. Einen genauen Zeitpunkt dafür konnte Kern auf Nachfrage nicht nennen. Die städtische Wohnungsbaugesellschaft Berlin-Mitte (WBM) hat schon reagiert und die Vorauszahlungen um bis zu 100 Prozent erhöht. In der Branche wird von ähnlichen Erhöhungen bei der Konkurrenz ausgegangen. Die BBU-Unternehmen bieten deshalb zusätzlich schon jetzt die freiwillige Erhöhung der Energiekostenvorauszahlungen an. 87 Prozent haben das schon getan oder planen dies. Allerdings stimmen im Schnitt nur rund 20 Prozent der Mieter zu, wie der BBU mitteilte. Maren Kern betonte deshalb: „Das ist ein dringender Appell: Machen Sie von dieser Möglichkeit Gebrauch oder legen Sie Rücklagen an!“

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Um in Not geratene Berliner zu unterstützen, sei der vom Senat auf den Weg gebrachte Härtefallfonds in Höhe von 380 Millionen Euro zwar ein erster Schritt, sagte Kern. Doch Menschen mit niedrigen Einkommen müssten stärker entlastet werden, etwa durch die vom BBU vorgeschlagene Deckelung für die Energiepreisbelastung bei 40 Prozent.

Die Differenz zu den Marktpreisen könnten staatliche Transferfonds decken. „Ein solches Modell würde eine Überschreitung bestimmter Steigerungsgrenzen bei den Energiepreisen vermeiden“, sagte Kern. Zusätzlich schlug sie Fonds vor, um Mieter und Wohnungsfirmen vor drohender Insolvenz zu schützen.

Absenkungen der Heiztemperatur wie sie Vonovia, der größte deutsche Vermieter, für nachts bereits angekündigt hat, gibt es bei den Mitgliedsunternehmen des BBU bisher nicht. 13 Prozent können sich das vorstellen, 45 Prozent eher nicht. Die Rechtslage ist bisher nicht eindeutig: Laut Mieterverein müsste tagsüber eine Mindesttemperatur von 20 Grad Celsius sichergestellt sein, nachts von 18 Grad.

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Kern beruhigte die Mieter der Landeseigenen und Genossenschaften aber auch: „Das Wohnen ist sicher bei unseren Unternehmen.“ Es werde wie immer die Möglichkeit der Ratenzahlungsvereinbarungen geben.

Zusammen bewirtschaften die 340 Mitgliedsunternehmen des BBU in Berlin und Brandenburg rund 1,1 Millionen Wohnungen, 750 000 in Berlin – das entspricht etwa 45 Prozent des Mietwohnungsbestandes. Mitglieder sind vor allem öffentliche, genossenschaftliche und kirchliche Wohnungsunternehmen. (mit dpa)

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