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Berlin: Beamte oder Handwerker: Was braucht Berlin?

Pünktlich zum neuen Ausbildungsjahr schieben sich Politik und Wirtschaft gegenseitig die Schuld am Lehrstellenproblem zu

Heute beginnt das neue Ausbildungsjahr – und damit die Bemühungen, die vielen Jugendlichen, die noch keine Lehrstelle haben noch zu vermitteln. Die letzten genauen Zahlen wurden Ende November erhoben: Demnach haben von den rund 26 000 Berliner Bewerber 12 000 Jugendliche noch keine Stelle. Nur rund 4000 freie Stellen waren gemeldet. Allerdings gibt es Hoffnung auf positivere Zahlen, denn im August werden traditionell die meisten Verträge geschlossen.

Beim Landesarbeitsamt gibt man sich zuversichtlich, dass sich in den kommenden Wochen die Schere zwischen Nachfrage und Angebot zumindest rechnerisch wieder schließt. Zwar waren in diesem Sommer die Alarmrufe der Gewerkschaften lauter als in der Vergangenheit, und Landesarbeitsamtssprecher Olaf Möller sagt, dass weiterhin betriebliche Ausbildungsplätze fehlen. Aber ab September werden die Stellen in den staatlichen Programmen von Bund und Land besetzt. Über diese Maßnahmen wird es in Berlin rund 3000 öffentlich geförderte Lehrstellen geben. Dazu kommen 1500 Plätze für Jugendliche, die in einer besonderen Qualifikation erst für eine Ausbildung fit gemacht werden. Zudem gibt es Zuschüsse für Betriebe, die Jugendliche mit Problemen ausbilden.

Für alle Programme gibt das Land derzeit rund 57 Millionen Euro aus. An den staatlich finanzierten Ausbildungsplätzen wie auch an den Zuschüssen will der Senat in den nächsten Jahren festhalten, selbst wenn in den Haushaltsansätzen für 2004 und 2005 die direkten Mittel für die Ausbildungsförderung gesenkt werden. Allerdings werden die Kürzungen nach Angaben von Christoph Lang, dem Sprecher der Senatswirtschaftsverwaltung, durch Mittel aufgefangen, die der Senat einspart, indem er seine eigene Beamtenausbildung zurückfährt. Im kommenden Jahr stehen dadurch 2 Millionen Euro und im Jahr 2005 7,8 Millionen Euro für staatliche Lehrstellenprogramme zur Verfügung. Er wies Vorwürfe der Gewerkschaft und der Arbeitgeberverbände zurück, das Land Berlin komme seiner Ausbildungsverpflichtung nicht nach. Sowohl in den landeseigenen Betrieben als auch in der Verwaltung sei die Quote bei der dualen Ausbildung in den letzten Jahren nicht gesunken.

Kritik am Verhalten des Senats üben dennoch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi. Das Land könne sich nicht aus seiner Verantwortung stehlen, sagte der stellvertretende DGB-Chef Bernd Rissmann. Die Wirtschaft wiederum muss sich vom Senat den Vorwurf gefallen lassen, sie bilde nicht genügend aus. „Wir brauchen mehr betriebliche Lehrstellen“, sagt Wirtschaftssenator Harald Wolf. Diese Kritik lassen sich IHK und Handwerkskammer aber nicht gefallen lassen. „Das Handwerk hat immer über den eigenen Bedarf hinaus ausgebildet“, sagt Handwerkskammer-Sprecherin Almuth Draeger.

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