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Berlin: Bechstein-Chef Karl Schulze

„Mit Flügeln zum Erfolg“, das ist die Kurzformel der Bechstein-Geschichte, die der nüchtern norddeutsche, groß gewachsene Karl Schulze erzählt. Dabei raucht der Mann mit dem schmalen Gesicht, dem grauen Bürstenhaarschnitt und Bart genussvoll seine Zigarillos.

„Mit Flügeln zum Erfolg“, das ist die Kurzformel der Bechstein-Geschichte, die der nüchtern norddeutsche, groß gewachsene Karl Schulze erzählt. Dabei raucht der Mann mit dem schmalen Gesicht, dem grauen Bürstenhaarschnitt und Bart genussvoll seine Zigarillos. Der Ort: Das Stilwerk in der Kantstraße, wo die wundervollen Tasteninstrumente auf zwei Etagen auf Liebhaber warten. Hier ist auch der Sitz der C. Bechstein Pianofortefabrik AG, die 2005 mit einem Umsatz von 27,6 Millionen Euro ein Ergebnis von 1,2 Millionen Euro und eine Dividende von 30 Cent eingespielt hat.

Hergestellt werden die jährlich 5200 „Klang-Kunstwerke“ heute bei Zittau, ein Drittel geht ins Ausland. Die Lohnkostenvorteile von gut 20 Prozent gegenüber Berlin, wo noch bis 1993 am Kreuzberger Moritzplatz gefertigt wurde, eine bessere Arbeitsmoral und eine geringere Fluktuation der rund 180 Beschäftigten sind starke Argumente für den Standort in Sachsen. Trotz der jüngsten Joint Ventures in Tschechien und China und weiteren Plänen in Osteuropa, Asien und den USA wird Deutschland der Kern-Standort bleiben, die stolze 150-jährige Tradition wird fortgeführt. Seit kurzem steht auch ein Flügel in der Uni Wenzhou in der VR China. Dies Land ist ein wahres Klavier-Dorado. Mit 8000 Klavieren ist das Berliner Unternehmen über sein Gemeinschaftswerk mit den Koreanern Samick in Shanghai dabei.

Wer ist der Mann hinter dem Erfolg? Ein Oldenburger, dessen Vater dort ein Musikfachgeschäft hatte und dessen Großvater schon Klavierbauer war. Seine Lehre hat er bei Seiler in Würzburg gemacht. Nach seiner Meisterprüfung startete er mit einem Pianogeschäft in seiner Vaterstadt. Von 1972 bis 1974 folgte ein Studium der Wirtschaftswissenschaften und danach die Eröffnung weiterer Piano-Geschäfte in Norddeutschland.

1986 kam seine Wende nach Berlin. Mit Krediten kaufte er für „einige Millionen Dollar“ dem amerikanischen Eigentümer Bechstein ab, danach noch ein Unternehmen im Altmühltal und 1992 die Sächsische Pianofabrik. Die Berliner Wirtschaftsverwaltung war damals gegen die Konzentration der Fertigung in Berlin: Eine so große Fertigungstiefe passe nicht in die Stadt. 1997 brachte er die neu gegründete AG erfolgreich an die Börse. Mit der jüngsten Kapitalerhöhung vor einem Jahr haben sie nochmals gut 4,5 Millionen Euro beschafft. Das Kapital wird zur weiteren Expansion gebraucht.

Seine Frau Berenice Küpper ist mit ihm im Vorstand und zuständig für Marketing. „Tough“ sei sie und vom Fach, sagt Schulze: Pianistin, Musikwissenschaftlerin, Japanologin und Kulturmanagerin, kundig in sieben Sprachen. Vor kurzem haben sie ihren Anteil an der Firma auf über 25 Prozent erhöht. In Berlin fühlen sie sich „sauwohl“. Karl Schulze hat die Hoffnung, später mal mehr Zeit für die Kultur der Stadt zu haben, wenn es mal weniger als die 200 Reisen im Jahr werden.

Heik Afheldt war Herausgeber des Tagesspiegels.

Karl Schulze (57).

Der Klavierbaumeister und Wirtschaftswissenschaftler ist

Vorstandsvorsitzender der C. Bechstein

Pianofabrik in Berlin

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