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Vor der Räumung. So verwaist ist die Rezeption des Hotels Bogota in der Regel nicht, aber das könnte sich bald ändern. Den 24 Angestellten wurde gekündigt.

© Thilo Rückeis

Bedrohtes Hotel in der City West: Berlin ist nicht Bogota

Weil der Chef die Miete nicht mehr zahlen kann, muss das berühmte Hotel Bogota in der City West aufgeben. Der Hauseigentümer plant Büros und Geschäfte.

Für viele insbesondere prominente Berliner und Besucher ist das Hotel Bogota in der Schlüterstraße weit mehr als nur eine Unterkunft. Das beweisen die immer lauteren Proteste gegen die Räumungsklage des Vermieters. Zur Kulturgeschichte des 102 Jahre alten Baudenkmals nahe dem Kurfürstendamm gehört, dass hier einst die Fotografin Yva ihr Atelier hatte und Helmut Newton bei ihr lernte. Bilder an den Wänden und altes Dekor bezeugen bewegte Geschichte, an die Hotelchef Joachim Rissmann auch mit Kulturveranstaltungen anknüpft. Doch der gute Ruf des Hauses nutzt ihm wohl nichts mehr.

Die Schließung sei nur noch eine Frage der Zeit, fürchtet er und hat den 24 Angestellten zum Oktober gekündigt. Rissmann kann die Miete nicht mehr zahlen. Seit Januar habe er dem Hauseigentümer Thomas Bscher nur noch Nebenkosten überwiesen, gibt er zu. Auf die Kündigung folgte eine Räumungsklage, der Gerichtstermin steht noch nicht fest. Für Rissmann ist klar: „Juristisch habe ich keine Chance.“ Doch er möchte bis Oktober weitermachen, um seine Schulden zu verringern. Denn momentan sind fast alle Betten belegt. „Aber der Winter ist immer eine Katastrophe“, sagt der Chef.

Zudem hat der Berliner Hotelbau-Boom die Konkurrenz verschärft. „Früher waren wir die Günstigen“, sagt Rissmann. Aktuell kostet ein Einzelzimmer ohne Bad etwa 42 Euro und ein Doppelzimmer mit Bad 98. Für ähnliche Preise gibt es beispielsweise Zimmer bei der designorientierten Budgetkette Motel One, und dort haben alle Zimmer ein Bad – im Bogota dagegen nur 70 von 115.

Rissmann sagt, er habe das Haus vor einigen Jahren kaufen wollen. Aber Banken hätten nicht gewollt, dass der Betreiber auch Eigentümer ist. So erwarb Bscher 2005 das Gebäude – und wehrt sich nun gegen Vorwürfe der Profitgier. Der Konflikt „hat nichts mit Kultur zu tun“, sagt Bscher. Was solle er machen, wenn ein Mieter die Zahlungen stoppe? Rissmann habe ihn nicht mal kontaktiert, um über Kompromisse zu reden. „Ich bin 61 Jahre und habe so etwas noch nicht erlebt.“

Die Schulden summieren sich laut Bscher auf einen sechsstelligen Betrag. Die Monatsmiete betrage gut 41 000 Euro plus Nebenkosten (Rissmann spricht von 56 000 Euro inklusive „stark gestiegener“ Nebenkosten). Fünf Jahre lang sei die Miete nicht gestiegen, sagt Bscher. Trotz späterer Erhöhungen liege sie noch unter jener, die Rissmanns Eltern an den früheren Vermieter des Familienbetriebs gezahlt hätten. 2006 habe er sogar 180 000 Euro erlassen, um die Bäder zu renovieren. Auch der Vertrag sei fair: Man habe ihn 2005 für 20 Jahre geschlossen, mit der Option für den Mieter, ihn nach je fünf Jahren zu verlängern oder aufzulösen.

Bscher plant Büros und einen Laden im Parterre; für Wohnungen sei „die Ecke zu laut“. Nebenan gehört ihm das Haus Ku’damm 190 mit dem Bulgari-Luxusgeschäft. Und er ist einer der drei Investoren, die den langen Leerstand des angrenzenden alten „Haus Cumberland“ beendet haben. Bscher siedelte dort Läden und das Restaurant „Grosz“ an. Es sei absurd, ihm mangelndes Gespür für historische Bauten zu unterstellen, findet er. „Aber dieses Hotel ist nicht zukunftsfähig.“

Erfahren Sie mehr – und diskutieren Sie mit: Für Tagesspiegel-Leser gibt es Führungen durch das Hotel am 14. Juni und eine Podiumsdiskussion am 19. Juni im Verlagshaus

Was Harald Martenstein meint: Das alte Berlin verschwindet

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