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Harter Gegner. Nach den Razzien im Rockermilieu werden in Potsdam Polizisten bedroht. Im Berliner Landeskriminalamt steht die Chefermittlerin in der Kritik.

© dapd

Bedrohung durch Rockerbanden: Personenschutz für Brandenburger Polizisten

Brandenburger Beamte werden von Rockern privat bedroht. Berlins Behörde sucht nach dem Maulwurf, der die Aktion gegen die Hells Angels verriet - und streitet sich um die Arbeit der Chefermittlerin.

Es geht bei kriminellen Rockerbanden um Handel mit Drogen und Anabolika, Zuhälterei, Raub und Erpressung. Die Ermittler, die dagegen vorgehen, haben einen gefährlichen Job. Nach Tagesspiegel-Informationen bedrohen Mitglieder von Rockerbanden offenbar massiv Ermittler der Polizei in ihrem Privatleben – zumindest in Brandenburg. Das musste das Potsdamer Innenministerium am Freitag einräumen. Die Beamten erhielten deshalb teilweise Personenschutz. Berliner Spezialkräfte, die auf die einschlägigen Rockerklubs angesetzt sind, wurden laut offiziellen Polizeiangaben hingegen bisher nicht bedroht.

In Königs Wusterhausen, wo es über den Jahreswechsel zu blutigen Auseinandersetzungen zwischen Hells Angels und dem Gremium MC gekommen war, hat ein Rocker Ende Februar einem Ermittler aufgelauert. Ein Mitglied der Potsdamer Hells Angels drohte einem anderen Beamten am selben Tag mit dem Tod. Ein Beamter, der in der brandenburgischen Landeshauptstadt ebenfalls gegen organisierte Kriminalität im Einsatz ist, las an seinem Wohnhaus den Spruch: „Du bist die Nächste.“ Sein Kollege wurde auf seiner privaten Telefonnummern angerufen und bekam zu hören: „Deine Familie ist nicht mehr sicher, lass die Finger von diesem Fall, keine Kontrollen mehr oder wir machen Dich fertig.“

Bilder der Berliner Großrazzia:

Bei der Berliner Polizei läuft indes die intensive Suche nach dem Maulwurf weiter, der die Rocker-Razzia gegen die „Hells Angels Berlin City“ in Reinickendorf vorab verraten hat. Die Aktion musste deshalb wie berichtet von Mittwoch auf Dienstag vorgezogen werden. Die amtierende Polizeipräsidentin Margarete Kopper kündigte an, alle strafprozessualen Mittel auszuschöpfen, um den oder die Verräter zu finden. Die internen Ermittler des Landeskriminalamtes untersuchten den Fall mit höchster Priorität. Koppers schloss aber nicht aus, dass so etwas wieder passieren könnte. Es gebe kein vollkommen sicheres System. „Es ist zwar richtig, dass nur wenige Polizisten von dem Umfang des gesamten Einsatzes wussten“, sagte sie in einem dpa-Interview. „In den Einsatz waren aber über 500 Mitarbeiter eingebunden.“ Die Geheimhaltung habe „selbst bei bester Abschirmung ihre Grenzen in der menschlichen Natur“, ein Mitarbeiter reiche aus. Koppers warnte vor einem Pauschalurteil gegen die Polizei, bevor der Verrat aufgeklärt ist. Damit würden alle diffamiert, die seit Jahren am Vereinsverbot arbeiteten.

Dennoch sickert immer mehr durch, dass die Chefermittlerin für Rockerkriminalität, Heike Rudat, nicht erst seit der Rocker-Razzia in der Kritik steht. Die Leiterin des Dezernats für Organisierte Kriminalität wird von vielen Mitarbeitern als schwierig in ihrem Führungsstil beschrieben. Unmut hatten Beamte geäußert, weil die unterschriftsreife Verbotsverfügung für den Rockerklub längst vorlag, Rudat aber in den Urlaub fuhr und angeblich darauf bestand, danach bei der Razzia das Vereinsschild am Clubhaus selbst abzuschrauben. Ein Beamter betonte, viele Mitarbeiter seien so sehr von Rudat genervt, dass sie jetzt wohl die Chance sähen, es ihr heimzuzahlen, indem sie „nachtreten“. Rudat wollte sich nicht persönlich zu den Vorwürfen äußern und verwies an die Pressestelle. Polizeisprecher Stefan Redlich nannte derlei Verhalten gegen Rudat in den eigenen Reihen „unerträglich“. Angriffe von Kollegen aus sicherer Deckung seien „armselig und feige“. Die Polizei habe eine Kultur, bei der Konflikte „zwischen den Betroffenen besprochen werden“.

Während SPD-Innenpolitiker Thomas Kleineidam eine zügige Aufklärung forderte, wird sein CDU-Kollege Robbin Juhnke deutlicher. „Ich erwarte, dass Frau Koppers die Informationswege in den Behörden auf Schwachstellen überprüft.“ Grünen-Innenpolitiker Benedikt Lux sagte, Rudat habe zwar den Fehler gemacht, vor der Durchsuchung in den Urlaub zu fahren. „Aber man sollte sich darauf konzentrieren, die undichte Stelle zu finden. Die kann sowohl in der Innenverwaltung als auch bei der Polizei liegen.“

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