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Oft liegen E-Scooter mitten auf dem Gehweg – und behindern damit Fußgänger:innen und insbesondere Menschen mit Sehbeeinträchtigungen.

© dpa/Jens Kalaene

„Behindernd, gefährdend, rechtswidrig“: E-Scooter stehen in Berlin weiter im Weg

Der Berliner Fußgängerverband will eine Pause für E-Scooter. In der Zeit müssten deutlich mehr Parkplätze entstehen, wo E-Scooter und Leihfahrräder gefahrlos abgestellt werden können.

E-Scooter bleiben aus Sicht des Fachverbands Fußverkehr FUSS e.V. ein Problem vor allem für Fußgänger und Menschen mit Sehbehinderung in Berlin. Bei einer Zählung in mehreren Bezirken hätten fast zwei Drittel der gefundenen Fahrzeuge – E-Scooter, Fahrräder oder E-Mopeds – „behindernd, gefährdend, rechts- oder regelwidrig“ im Weg gestanden, teilte der Verband bei einem Pressetermin am Freitag mit. Das ergebe hochgerechnet mehr als 40.000 Behinderungen durch E-Scooter pro Tag.

Angesichts der Erkenntnisse fordert der Verband: „Berlin braucht eine E-Scooter-Pause“. In der Zeit müssten deutlich mehr Parkflächen für Scooter und auch Leihfahrräder entstehen.

Für seine Studie betrachtete der Verband FUSS e.V. im August drei als repräsentativ für das Berliner Stadtgebiet angenommene Gegenden: das touristische Stadtzentrum rund um die Straße Unter den Linden, einen Wohnkiez in Schöneberg und ein Gebiet außerhalb des Stadtzentrums in Alt-Tempelhof. Als „störend“ erfassten wurden die Scooter und Räder, die gegen die Regeln der Straßenverkehrsordnung (StVO) und die Anforderungen des Senats verstoßen. Beispielsweise darf ein E-Scooter nicht auf einem Gehweg abgestellt werden, der schmaler als 2,3 Meter ist. Auch auf Leitstreifen für Sehbehinderte darf kein Fahrzeug geparkt werden.

Verbesserung in Mitte, Verschlechterung in Schöneberg

Während in sich Schöneberg die Situation um die störend abgestellten Scooter verschlechtert habe, zeigten die fest installierten Stationen in Berlin-Mitte eine Verbesserung. „Hier bringen die neuen Abstellstationen wirklich Entlastung, da man ringsum nicht mehr parken kann“, sagte Sprecher Roland Stimpel vom FUSS e.V.

Inzwischen gibt es 140 solcher Stationen von der BVG-Tochter Jelbi. Bis Mitte 2024 sollen 230 solcher Stellplätze geschaffen werden. „Wenn es in dem Tempo weitergeht, dauert es bis 2037, bis die inzwischen mehr als 50.000 E-Scooter, Räder und E-Mopeds einen Platz haben“, rechnete Roland Stimpel vor. Die Sperrzonen funktionieren mit GPS-Ortung, innerhalb der Zonen kann der Mietvorgang nicht beendet werden und die Zahlung läuft weiter.

„Die falsch geparkten Fahrzeuge bergen eine große Gefahr für Fußgänger. E-Scooter haben aber auch ein großes Potenzial und können zur Verkehrswende beitragen. Dafür müssen wir aber das Chaos in den Griff bekommen“, sagte die Verkehrsstadträtin von Berlin-Mitte, Almut Neumann (Grüne) bei dem Termin am Freitag.

Wir müssen das Chaos in den Griff bekommen.

Almut Neumann (Grüne), Verkehrsstadträtin von Berlin-Mitte

Die Abstellsperrzone in Mitte soll sich laut Neumann vom Brandenburger Tor bis zum Alexanderplatz und Potsdamer Platz ausweiten, indem neue Parkflächen für die Scooter und Räder eingerichtet werden. Den von FUSS e.V. geforderten weitgehenden Schritt einer „E-Scooter-Pause“ unterstützt Neumann nicht, sie setzt weiter auf Abstellflächen und Verbotszonen.

Allerdings würden viele Anbieter der Scooter erst viel später auf die Abstellzonen reagieren und die GPS-Sperrzonen einrichten, berichtet Roland Stimpel. So hätte es am Bahnhof Zoo ein halbes Jahr gedauert, bis sich die Sperrflächen etablierten. Außerdem seien die Systeme ungenau, sodass weiterhin die nähere Umgebung der Stellflächen trotz Verbotszone zugeparkt würden.

Eine Verbesserung der Absperrzonen könnte die Firma Sparpark aus Norwegen bieten. Die Gründer stellten das System auf dem Termin am Freitag vor. So könnte an den Stellplätzen durch ein montiertes Gerät für Bluetooth-Signale das Abstellen der Scooter und Räder zentimetergenau definiert werden. Damit werde vermieden, dass Fahrzeuge beispielsweise auf die Straße ragen oder weiterhin eine Gefahr für Fußgänger darstellen. 2024 soll das System in Prag und Mailand eingesetzt werden. Bisher wird es jedoch noch nicht verwendet.

Das Unternehmen Tier, einer der Anbieter in der Hauptstadt, teilte auf Anfrage der Nachrichtenagentur dpa mit: „Einen E-Scooter-Neustart in Berlin braucht es unserer Meinung nach nicht. Nur einen zügigen Auf- und Ausbau der Infrastruktur, wie wir seit mehr als vier Jahren fordern.“ Die Untersuchung des Verbands FUSS e.V. kommentierte Tier allerdings nicht direkt. (mit dpa)

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