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Berlin: Bei den langweiligen Desserts wurde das Fehlen neuer Impulse und letzter Sorgfalt besonders deutlich

Budapester Straße 1, Tiergarten, geöffnet täglich 18-24 Uhr, Mo-Fr außerdem 12-15 Uhr. Tel.

Budapester Straße 1, Tiergarten, geöffnet täglich 18-24 Uhr, Mo-Fr außerdem 12-15 Uhr. Tel. 261 88 11, alle Kreditkarten.Bernd Matthies

Vom Konservatismus war hier schon oft die Rede, in einer Zeit, die sich die Hummerravioli mit Zitronengras und Gänseleber zum kulinarischen Wahrzeichen genommen hat. Der Kritiker schwankt unentwegt hin und her - einerseits ist er als berufsmäßiger Esser überdurchschnittlich schnell gelangweilt und neigt daher auch zu eher fragwürdigen Experimenten, andererseits muss er akzeptieren, dass der eher sporadisch essende Gast gern auf Nummer sicher geht. Daraus folgt: Die konservative Küche kann nicht schon deshalb negativ beurteilt werden. Das hochkonservative Restaurant Du Pont, angesiedelt in einem seltsamen Glaskasten im Erdgeschoss einer Bank, hat davon hier schon profitiert. Mit einem Verzug von mehreren Jahren ist dieses positive Urteil nun wieder in einige Restaurantführer gedrungen. Zeit also nachzusehen, ob es dort immer noch gelingt, die Uhr auf souveräne Weise anzuhalten. Erster Eindruck, zugespitzt vermutlich durch die Kenntnis vieler neuer, großzügiger Restaurants: Wie ist es möglich, in dieser Enge anspruchsvolle Küche zu bieten? Die Köche werkeln hinter einer Trennwand, das Ensemble von Weinkühlschränken und Tischen und windschiefen Schildern ohne Bezug ("Fruits de Mer") hat alle Renovierungen überlebt; man fühlt sich dennoch in den Händen des nonchalant-souveränen Service gut aufgehoben. Die Speisekarte liest sich wie immer; erste Irritationen vermittelt die mittelprächtig umfangreiche Weinkarte, die nahezu alle Erzeugernamen verschweigt und also - Ausnahme Bordeaux - nicht vernünftig zu beurteilen ist. War das schon immer so? Wir rieten, dass der Weißburgunder, Malterdinger Bienenberg, von Bernhard Huber sein müsse, wurden bestätigt und bestellten. Ein guter Wein - aber weshalb so umständlich?

Das Essen ist hier so teuer wie der Wein. Das war es schon immer, denn es werden durchweg die großen Luxusprodukte verarbeitet. Da die Küchenchefs sicher gelegentlich wechseln, dürfen sie wohl nicht anders. Jacobsmuscheln, sehr schön saftig gegrillt, mit Champagnerkraut einigermaßen riskant kombiniert, dazu eine gute altmodische mit etwas Mehl gebundene Rieslingsauce, die freilich genau das verkörpert, was der Gast erwartet: Sauce zum Löffeln (36,50). Gänseleber, mit Vollgas in der Pfanne gebraten, ein demonstrativer Gegenentwurf zur modernen Niedertemperaturtechnik: recht gut, mit einer dezenten Dosis Cassis-Likör in der Sauce gut abgerundet. Schupfnudeln sind eine kuriose Begleitung (39,50).

Schwächen, die es hier früher nie gab, zeigten sich in den Hauptgerichten. Die Kombination von Seezungenfilets mit geräuchertem Seeteufel ist schon auf dem Papier riskant, denn die Rauchnote drängt sich leicht über alle subtileren Aromen hinweg. Das tat sie auch auf dem Teller. Hinzu kam, dass die Seezunge zu wüstenähnlicher Dürre gedünstet war, was bei diesem strapazierfähigen Fisch praktisch kaum möglich ist, nimmt man nicht die trocknende Kraft der Tiefkühlung zu Hilfe. Nantaiser Ente: Offenbar hatten sie in der Gegend dieses Jahr Nullwachstum, denn das Vögelchen war so winzig, dass zwei Keulen und ein Bruststück gerade eben ausreichten, den Teller zu füllen. Zartes Fleisch, brave Orangensauce, stark gewürzter Rotkohl - das ging so weit in Ordnung. Allerdings sollte man die Rationalisierung in dieser Preisregion (39,50) nicht so weit treiben, dass man Serviettenknödel scheibchenweise aufbrät und damit aus einer leichten Beilage eine zähe Magenbombe macht.

Bei den langweiligen Desserts wurde das Fehlen neuer Impulse und letzter Sorgfalt besonders deutlich. Creme brulée? Na gut. Aber sie sollte dann wenigstens frisch überkrustet werden und nicht fertig stundenlang in der Kühlung stehen, erst recht nicht für deftige 16 Mark 50. Den Datteln mit Schokosauce fehlte ein frisch-säuerliches Gegengewicht, das den schweren, mampfig-süßen Gesamteindruck hätte mildern können.

Insgesamt eher eine Enttäuschung. Zum "Hugenotten" im Interconti oder zur "Mensa" am Lützowplatz sind es nur ein paar Schritte. Beide sind bei nur wenig höheren Preisen kulinarisch wie technisch eine Generation weiter.

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