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Berlin: Bei Hugendubel sind jetzt Azubis die Chefs

Mit 30 Jahren noch einmal eine Ausbildung anzufangen kann frustrieren – auch das Unternehmen. „Weil man nicht nur tun möchte, was die anderen sagen, sondern selbst mitreden will“, sagt Ino Kringel.

Mit 30 Jahren noch einmal eine Ausbildung anzufangen kann frustrieren – auch das Unternehmen. „Weil man nicht nur tun möchte, was die anderen sagen, sondern selbst mitreden will“, sagt Ino Kringel. Er ist 30 Jahre alt und seit diesem Jahr Auszubildender bei der Buchhandlung Hugendubel in den Neukölln Arkaden. Eigentlich hat er auf Lehramt studiert, das Referendariat aber abgebrochen. Jetzt lernt er Sortimentsgestaltung und Kassenabrechnung. Mitte 2008 soll er gemeinsam mit elf weiteren Auszubildenden die Filiale allein führen.

Auszubildene als Filialleiter – die Idee ist nicht neu. Handelsketten wie Lidl oder Kaufhof haben es vorgemacht, und dem Nachwuchs die Führung übertragen, für eine Woche oder zwei. Mehr als an der Verbesserung der Ausbildung schienen die Unternehmen mit solchen Aktionen allerdings an der Werbewirksamkeit orientiert. In zwei Wochen lernt man keine Filiale zu führen.

Bei Hugendubel in Neukölln bekommen zwölf Auszubildende die Verantwortung für drei Jahre, unterstützt von zwei Filialleitern. Vielleicht auch länger, wenn sich die Idee als erfolgreich erweist. „Die Qualität gegenüber dem Kunden muss stimmen, aber auch die der Ausbildung“, sagt Thomas Nitz, Geschäftsführer für den Personalbereich bei Hugendubel. Natürlich sind es nicht nur selbstlose Gründe, die das Unternehmen zu diesem Schritt bewogen haben. Zwei Auszubildende sollen eine Vollzeitkraft ersetzen. Das spart Kosten. „Der Umsatz darf aber nicht leiden“, sagt Nitz.

Der Standort Berlin Neukölln ist günstig. Der tägliche Besucherstrom ist überschaubar, Mitarbeiter aus anderen Filialen können schnell eingreifen, wenn es brennt. Für das Unternehmen ein ideales Umfeld, um den eigenen Führungsnachwuchs heranzuziehen, und Ausbildungsmängel beheben. „Geeignete Lehrlinge zu finden war nicht schwer“, sagt Filialleiter Steffen Alkämper. Das Leistungsspektrum der Bewerber ist breit. Viele haben schon eine Ausbildung oder ein Studium hinter sich, so wie Ino Kringel. Gemeinsam mit seinen drei Kolleginnen, darunter eine Krankenschwester und eine Kosmetikerin, bildet er die Vorhut in der Azubi-Buchhandlung. Bis Mitte 2008 sollen noch acht weitere Lehrlinge eingestellt werden und die Filiale zur ersten Azubi geführten Buchhandlung Deutschlands machen.

Stephanie Puls

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