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Berlin: Bellini Lounge

Die Oranienburger Straße ist inzwischen chic. Der Schmuddelcharme, der sich hartnäckig über Jahre hielt, scheint nun doch zu verschwinden.

Von Frank Jansen

Die Oranienburger Straße ist inzwischen chic. Der Schmuddelcharme, der sich hartnäckig über Jahre hielt, scheint nun doch zu verschwinden. Selbst das Tacheles sieht jetzt wie eine Edelruine aus, das Hausbesetzer-Aroma hat sich verflüchtigt. Die Mondänisierung überrollt selbst Lokale, die schon halbwegs gediegen waren. Zum Beispiel die 808 Lounge, die drinking man und compañera vor fünf Jahren testeten. Heute nennt sich das Etablissement „Bellini Lounge“, was noch edler klingt als das kryptische „808“. Aber gefährlich ist der neue Name auch: Sollte in einer Bellini Lounge nicht ein erstklassiger Bellini serviert werden, käme die Verdammnis in Gestalt der compañera über diese Trinkstätte. Eine Bar in Kreuzberg, die auch den favourite drink der compañera im Logo führte und dann patzte, wird seitdem eisern gemieden.

Zunächst aber ein Blick auf das Interieur der zweiräumigen Lounge. Vom 808 wurde im rechten Abteil das Aquarium übernommen, in dem weiterhin bunte Fischchen ihre Kreise ziehen. Daneben ist ein DJ-Pult kabuffartig stationiert. Die Wände sind mit warm wirkendem Holz getäfelt – in einer ungeordnet, exotisch anmutenden Struktur. Schwarzledern gepolsterte Rundhocker haben die amüsanten Sitzmöbel des 808 ersetzt. Die Rundhocker damals hatten in der Mitte ein Loch, wie bei einem Bagel.

Im linken Raum dominiert der offenbar aus dem 808 übernommene Tresen, dessen Auflage ein Mosaik aus Kupfersteinchen ziert. Die gesamte Lounge blickt durch hohe Glastüren auf die Oranienburger Straße. Wird diese Fassade im Sommer „aufgerissen“, wandelt sich die Lounge zu einer Art Loge, aus der man das Straßenleben beobachten kann.

Die Drinks waren im 808 eher durchschnittlich. Das hat sich geändert. Womit wir beim Thema wären: Der Bellini versetzte die compañera in Verzückung. Weißes Pfirsichmark, ein angenehmer Champagner – die Lounge hatte schon fast gewonnen. Der drinking man griff zu einem tiefroten Frozen Cherry Daiquiri, der allen Kirschfanatikern als idealer Sommercocktail zu empfehlen wäre.

Es folgten ein leckerer Rossini (Bellini auf Erdbeere gedreht), ein Planter’s Punch, dem der Keeper etwas zu viel Orangensaft gegönnt hatte, und ein alkoholfreier Maxx-Light (Mandelsirup, Zitronensaft, Himbeersirup, Erdbeersirup, Maracujasaft, Cranberry Juice), den die compañera wohlwollend als „sehr cranberrig“ bezeichnete. Die Bellini Lounge punktet außerdem mit vielen Rumsorten aus mehreren Ländern – von Cuba und Jamaika über Venezuela bis Hawaii und Haiti scheint jedes Fleckchen Erde vertreten zu sein, in dem Zuckerrohr wächst.

Wie man schmeckt und sieht, hat die Bellini Lounge das 808 hinter sich gelassen. Und die Oranienburger Straße, als wäre sie nicht schon très chic, um eine weitere Adresse des elegant drinking bereichert.

Bellini Lounge, Oranienburger Str. 42, Mitte, Tel.: 97 00 56 18, Mo. bis Fr. 18 Uhr bis 2 Uhr, am Wochenende bis 5 Uhr.

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