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Ein einem Tisch. CDU-Chef und Innensenator Frank Henkel, der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) und CDU-Sozialsenator Mario Czaja.

© Bernd von Jutrczenka/dpa

Koalitionskrise in Berlin: Frank Henkel fordert Aufklärung über Czaja-Protokoll

Die SPD-geführte Senatskanzlei hat über CDU-Senator Mario Czaja ein Protokoll schreiben lassen. Führende Christdemokraten fordern Aufklärung.

Von
  • Sabine Beikler
  • Ulrich Zawatka-Gerlach

Nach der Aufregung um ein Protokoll, das die SPD-geführte Senatskanzlei über CDU-Sozialsenator Mario Czaja anfertigen ließ, fordern führende Christdemokraten Aufklärung. „Das ist ein höchst erklärungsbedürftiger Vorgang", sagte der CDU-Landesvorsitzende, Innensenator Frank Henkel. "Darüber werden wir im Senat zu reden haben. Da erwarten wir natürlich Antworten.“

Wie berichtet, ist das Klima in der rot-schwarzen Koalition schlecht. Anlass ist der interner Bericht, den die Senatskanzlei über den Auftritt des Sozialsenators Mario Czaja (CDU) auf einer Veranstaltung zur Flüchtlingspolitik am 25. November angefertigt hat – im Auftrag der Senatssprecherin Daniela Augenstein. Überschrieben ist das fünfseitige, eng bedruckte Papier, das dem Tagesspiegel vorliegt, mit „CPIA“. Adressatin war also die „Chefin Presse- und Informationsamt“, Augenstein.

Dort wird beschrieben, dass der Senator einen „dunkelblauen Anzug, gedeckten Schlips, weißes Hemd“ trug und über das „schlesische Herkommen seiner Familie und den urkatholischen Großvater“ Auskunft gegeben habe. Geschildert wird seine „ruhige und sachliche Darstellungsweise“, mit der er vor dem „vorwiegend ergrauten, gutbürgerlichen Wilmersdorfer Publikum“ vielleicht das Durchbrechen „manifester negativer Emotionen“ verhindert habe.

Thema wird er am Dienstag ansprechen

Anschließend wird detailliert geschildert, wie der Christdemokrat auf die Fragen aus dem Publikum geantwortet hat und was die anderen Podiumsgäste auf der „Morgenpost“-Veranstaltung sagten. Dieser Teil des Berichts ist nüchtern und fachbezogen formuliert. Senator Czaja, dessen Vater in der DDR in der Katholischen Kirche aktiv war und von der Staatssicherheit beobachtet wurde, reagierte sehr empfindlich. Er wird das Thema am Dienstag in der Senatssitzung ansprechen und Müller fragen, ob es noch weitere Berichte dieser Art über Senatsmitglieder gibt.

In CDU-Führungskreisen wurde am Sonntag von einer Bespitzelung Czajas durch die Senatskanzlei gesprochen, die dem Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD) zuarbeitet. Sollte Müller zu einzelnen Senatsmitgliedern oder zum Koalitionspartner kein Vertrauen mehr haben, so hieß es, gebe es für dieses Problem ein geordnetes Verfahren. Gemeint ist damit offenbar die Entlassung von Senatoren oder die Aufkündigung des Regierungsbündnisses. CDU-Spitzenleute werfen dem Regierungschef „mangelnde Souveränität“ vor. Das gelte nicht nur für das Flüchtlingsthema. "Wir wollen wissen, ob es noch mehr Dossiers über andere Mitarbeiter gibt, und ob dieser Stil des Regierenden Bürgermeisters gang und gebe ist", sagte CDU-Generalsekretär Kai Wegener am Montag. 

Daniela Augenstein.
Daniela Augenstein.

© picture alliance / dpa

Schon die Regierungserklärung Müllers am 12. November im Abgeordnetenhaus zur Flüchtlingspolitik hatte bei der Union für Empörung gesorgt, als er sagte: „Wer immer nur danach fragt, wie denn Haftungsfragen zu beantworten sind, ohne sich damit auseinanderzusetzen, wie Dinge auch mal möglich gemacht werden können, der sitzt womöglich an der falschen Stelle.“ Obwohl der SPD-Mann keine Namen nannte, ist Czaja fest davon überzeugt, dass der öffentliche Angriff ihm galt.

Front gegen Müller

Im Gegenzug machte der CDU-Landesvorstand nach einer Klausurtagung am Sonnabend Front gegen Müller. Der habe sich zu lange vor der notwendigen Verantwortung geduckt. Jetzt alle freien Turnhallen der Stadt zu belegen, sei keine Antwort auf die Flüchtlingskrise, erklärte Generalsekretär Wegner.

Mit einem Beschluss zur Flüchtlingspolitik, in dem betont wird, dass die Belastungsgrenze erreicht sei, schwenkt die Landes-CDU auf die restriktive Linie der Bundespartei ein.

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