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Das Arnold Fortuin Haus in der Harzer Straße in Berlin-Neukölln gewinnt den Julius-Berger-Architektur Preis. Die Aachener Siedlungs- und Wohnungsbaugesellschaft hatte die überwiegende von Roma und Sinti bewohnten Gebäude aufwendig saniert.

© Björn Kietzmann

Berlin-Neukölln: Roma-Wohnquartier erhält Julius-Berger-Architekturpreis

Das Roma-Wohnquartier in Berlin-Neukölln ist weltbekannt. Nun wird das Integrationsprojekt für Roma-Familien mit dem Julius-Berger-Architekturpreis geehrt.

Die Blumen im Hof blühen um die Wette, die Wandbilder glänzen sauber in der Sonne, der Rasen ist geharkt. Nichts davon sei eigens inszeniert, versichert Benjamin Marx von der Aachener Siedlungs- und Wohnungsgesellschaft. Er führt gerade Besucher durch das sanierte Wohnquartier an der Harzer Straße in Neukölln. Das Integrationsprojekt für Roma-Familien ist inzwischen weltweit bekannt, und es bekam jetzt den neu gestifteten Julius-Berger-Architekturpreis.

Julius Berger war ein deutsch-jüdischer Unternehmer, der in der Weimarer Republik erfolgreich Brücken und Tunnel baute, bis er nach der Machtübernahme 1933 von den Nazis aus seiner Firma gedrängt wurde. Berger wurde 1942 in Theresienstadt ermordet. Sein Unternehmen ist der Vorläufer des heutigen Bilfinger-Konzerns, der gerade die U 5 unter den Linden baut. Bilfinger will mit dem Architekturpreis an Julius Berger und sein Schicksal erinnern. Ein Preisgericht unter dem Vorsitz des früheren Daimler-Chefs und Berliner Ehrenbürgers Edzard Reuter hatte das Roma-Projekt unter sechs Kandidaten ausgewählt, „wegen des besonderen unternehmerischen Muts“. Auch der ehemalige Chef des Bundesamtes für Bauwesen, Florian Mausbach, und Tagesspiegel-Herausgeber Gerd Appenzeller waren Mitglieder der Jury. Am 20. September wird der Preis im historischen Kühlhaus am Gleisdreieck verliehen. Er ist mit 10 000 Euro Preisgeld dotiert.

An der Harzer Straße sind acht Häuser mit 137 Wohnungen saniert worden. Dort leben seit vielen Jahren Roma-Familien aus dem rumänischen Dorf Fontanelle, mit dem es jetzt auch eine Partnerschaft geben soll. Der Vorbesitzer hatte die Häuser verkommen lassen, Wohnungen waren überfüllt, im Hof stapelte sich der Müll. Die katholische Wohnungsgesellschaft wollte zeigen, dass die Zustände nicht den Menschen anzulasten sind, die darin leben. Seit der Sanierung wird penibel auf Sauberkeit geachtet. Es gibt Sprach- und Nähkurse, die Caritas hat eine Anlaufstelle eingerichtet und ein privater Verein kümmert sich um Gesundheitsvorsorge für die Kinder.

Die Siedlungsgesellschaft vergibt freie Wohnungen seit einem Jahr nur an Nicht-Roma, mehr als ein Drittel ist bezogen. Marx hat für alle Berliner Häuser im Besitz seiner Gesellschaft eine Warteliste mit 100 Roma-Familien. In Neukölln und anderen Bezirken gibt es abbruchreife Häuser, in denen sie unter teilweise katastrophalen Umständen leben. Aber hier baumelt ein großes Herz aus Plastikabfällen. Es versinnbildlicht das Wort Amor – umgekehrt gelesen: Roma.

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