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Ein erster Haushaltsplan. Nach der Vorlage von Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos für die SPD) will der Senat am heutigen Dienstag die Eckwerte für den Etat 2012/13 beschließen.

© Karl-Josef Hildenbrand/dpa

Haushalt 2012/2013: Berlin nimmt mehr ein – und macht weiter Schulden

Der Senat legt die Eckdaten für den Haushalt 2012/13 vor. Niedrige Zinsen und die Übernahme von Sozialkosten durch den Bund sparen Geld.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Wenn der Senat am heutigen Dienstag die Eckwerte für den Doppelhaushalt 2012/13 beschließt, kann er dank einer boomenden Wirtschaft steigende Einnahmen aus Steuern und Finanzausgleich einplanen. Auch sind die Kreditzinsen für die Berliner Schulden niedriger als befürchtet. Zudem übernimmt der Bund von den Ländern die Kosten der Grundsicherung im Alter. So wird der Etat um jährlich über eine Milliarde Euro entlastet. Die günstigen Rahmenbedingungen könnten der nächsten Landesregierung, die im September gewählt wird, finanzpolitisch ein wenig Luft verschaffen.

Vielleicht gelingt es sogar, schon vor 2020 die Defizite im Berliner Haushalt auszugleichen. Ende des Jahrzehnts greift für alle Länder die Schuldenbremse im Grundgesetz. Dann dürfen nur noch Schulden gemacht werden, die konjunkturell bedingt sind. Vorerst aber muss der Senat noch große Finanzlöcher stopfen. In den nächsten zwei Jahren werden wohl jeweils über eine Milliarde Euro neue Kredite aufgenommen. Die Lücke zwischen Einnahmen und Ausgaben schließt sich nur langsam. Besonders die hohen Sozialausgaben sind schwer in den Griff zu bekommen.

Einnahmen und Ausgaben, 2001 bis 2013.

© TSP/Pieper-Meyer

Allein die Kosten der Unterkunft für Hartz IV-Empfänger betragen jährlich 1,5 Milliarden Euro. Eine weitere Milliarde Euro muss der Senat für Hilfen in besonderen Lebenslagen ausgeben. Die Hilfen zur Erziehung haben die 400-Millionengrenze überschritten. Auch das Wohngeld steigt kräftig, wenn auch nur im zweistelligen Millionenbereich. Auch wenn der Bund die Kosten für die Grundsicherung im Alter übernimmt, reicht die Ersparnis im neuen Doppelhaushalt nur aus, um die steigenden Sozialausgaben in anderen Bereichen auszugleichen.

Die zweite Baustelle des Finanzsena- tors Ulrich Nußbaum (parteilos) sind die öffentlichen Investitionen. Im letzten Jahr hatte Nußbaum angekündigt, dieses Budget um 120 Millionen Euro (2012) und 200 Millionen Euro (2013) zu kürzen. Obwohl die Investitionsausgaben in den vergangenen zehn Jahren schon von 1,9 auf 1,5 Milliarden Euro gekürzt wurden, gegen den Protest von Kammern und Verbänden der privaten Wirtschaft. Angesichts teurer Sanierungs- und Neubauprojekte, die in den nächsten Jahren geplant sind, stellt sich die Frage: Woher das Geld für ICC, Vivantes, Komische Oper, Hochschulbauten oder eine neue Landesbibliothek nehmen, wenn nicht stehlen? Vielleicht werden die eingesparten Kreditzinsen (bis zu 200 Millionen Euro jährlich) genutzt, um den Investitionsetat besser auszustatten.

Schuldenstand, 2001 bis 2013.

© TSP/Pieper-Meyer

Der CDU-Haushälter Florian Graf erwartet vom Senat, dass am Dienstag nicht nur dürre Eckdaten vorgelegt, sondern „ganz konkrete finanzpolitische Leitlinien präsentiert“ werden. Vom Öffentlichen Beschäftigungssektor (ÖBS) über die Risiken der Bankgesellschaftfsfonds bis zum Rückkauf der Wasserbetriebe müsse Nußbaum sagen, welches Geld für welche Zwecke zur Verfügung stehe. Auch der Haushaltsexperte der Grünen, Oliver Schruoffeneger, fordert vom Senat „reale Haushaltsdaten“. Nach Schätzung der Grünen fehlen allein bei den Investitionen mittelfristig 700 bis 800 Millionen Euro. Beim Stellenabbau im Landesdienst hinke Rot-Rot um fast 3000 Stellen hinter dem Kürzungsziel (auf 100 000 Stellen bis zur Wahl) hinterher. Der FDP-Fraktionschef Christoph Meyer glaubt „überhaupt nicht an einen beratungsfähigen Etatentwurf“. Er fordert, die öffentlichen Ausgaben nicht nur einzufrieren, wie es Nußbaum will, sondern deutlich zu kürzen.

Der SPD-Haushälter Karlheinz Nolte sagt, dass es finanzpolitisch noch viel zu tun gibt. Es könne nicht dauernd bei den Investitionen gestrichen werden, auch die Sozialausgaben müssten erneut auf den Prüfstand und beim Stellenabbau in der öffentlichen Verwaltung gebe es Nachholbedarf. Außerdem könne der Senat nicht damit rechnen, dass die Kreditzinsen auf Dauer so niedrig blieben. Nolte sagt voraus: „Nach der Wahl im Herbst wird die neue Regierung großen Diskussionsbedarf haben.“ Erst dann wird der Haushalt 2012/13 parlamentarisch beraten. Vorerst verspricht auch die Linken-Haushaltsexpertin Jutta Matuschek: „Bei der Schuldenbremse stehen beide Koalitionsparteien nah beieinander.“ Schließlich stehe Berlin unter scharfer Beobachtung des Stabilitätsrats von Bund und Ländern. „Wir wollen nicht, dass die uns Vorschriften machen, wie wir unser Geld auszugeben haben.“

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