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Eis am Dom

© Peters

Berlin packt an: Mit vereinten Kräften gegen die vereiste Stadt

Arbeitslose, Häftlinge, Hausmeister greifen jetzt zu Spaten und Presslufthammer. Und die BSR kümmert sich jetzt auch verstärkt um die Seitenstraßen.

Berlin packt an. Ab Montag startet die Berliner Stadtreinigung (BSR) mit 650 zusätzlichen Arbeitslosen, die zum Räumdienst vermittelt wurden, eine neue Offensive gegen Eisglätte und Schnee auf den Gehwegen. Auch die Wall AG setzt zusätzliche Serviceteams ein. Sie sollen ab sofort die Flächen rund um Bushaltestellen mit Spaten und Schippe bearbeiten, obwohl die Stadtmöblierer dazu nicht verpflichtet sind. Unter den Linden gingen Wall-Mitarbeiter am Freitag sogar mit Presslufthämmern gegen den Eispanzer vor, auch ein Bulldozer wurde eingesetzt. Die Justizverwaltung will zudem verstärkt Häftlinge zum Eisklopfen einsetzen, vor landeseigenen Gebäuden soll künftig eine „Task Force“ aus Pförtnern und Hausmeistern ackern. Am Freitag fielen wegen des strengen Winters erneut etliche Flüge aus, zwei Straßenbahnen entgleisten durch Eis auf den Schienen.

Auch in der kommenden Woche soll das Thermometer weiter unter dem Gefrierpunkt bleiben. Die Meteorologen sagen tagsüber maximal null Grad, nachts bis zu sechs Grad minus voraus. Die zusätzlichen Anstrengungen gegen die Glättegefahr sind also dringend notwendig.

Die BSR wird seit Winterbeginn von rund 1160 Empfängern von Arbeitslosengeld unterstützt. Angesichts der Schnee- und Eismassen hat sie in der vorigen Woche weitere 650 Kräfte bei den Jobcentern beantragt. „Es war kein Problem, diesen Nachschlag zu rekrutieren“, sagt der Sprecher der Bundesanstalt für Arbeit, Olaf Möller. „Etliche Arbeitslose übernehmen gerne solche kurzfristigen Beschäftigungen.“ Sie dürfen als Hartz-IV-Empfänger zwar nur 100 Euro anrechnungsfrei hinzuverdienen, aber viele sind offenbar froh, einfach mal wieder gebraucht zu werden. Und die BSR benötigt sie jetzt auch mehr denn je, weil sie zurzeit viele Jobs erledigt, die sie eigentlich gar nicht übernehmen müsste.

„Bisher gab es in diesem Winter 1800 Ersatzvornahmen“, sagt BSR-Sprecher Thomas Klöckner. Die Stadtreiniger bearbeiteten dabei im Auftrag der Ordnungsämter unzureichend geräumte Bürgersteige vor Privatgebäuden. Die BSR-Rechnung geht dann an die Grundstücksbesitzer. Außerdem streut die BSR ab sofort Splitt in kleineren Straßen, die bisher nur geräumt wurden. Und schließlich will sie sich ab Sonnabend Haltestellen sowie Plätze vor Kirchen und Bahnhöfen vornehmen, obwohl sie auch dort oft nicht zuständig ist.

Weniger Rutschpartien soll es ab Montag auch vor bis zu 175 öffentlichen Gebäuden wie Ämtern oder Schulen geben. Die landeseigene Immobiliengesellschaft BIM will 160 Hausmeister, Reinigungskräfte und andere Mitarbeiter, die ohnehin in diesen Gebäuden beschäftigt sind, vorübergehend zum Schippen und Hacken in die Kälte hinausschicken. Zusätzlich habe man fünf private Winterdienste engagiert, die bei Engpässen aushelfen.

Der Winter-Einsatz von sogenannten „Gefangenen des offenen Vollzuges“, die wegen kleinerer Delikte einsitzen, hat sich aus Sicht von Justizsenatorin Gisela von der Aue (SPD) schon in der vergangenen Woche „gut bewährt“. Wie berichtet, ließ sie Freigänger aus den Gefängnissen Plötzensee und Hakenfelde vor ihrem Schöneberger Amtssitz Eis hacken. Nun denke man darüber nach, mit dieser Truppe auch anderswo in der Stadt zu helfen, hieß es am Freitag. Am Montag solle sie schon mal den Platz vor dem Rathaus Schöneberg begehbar machen.

Bei der BVG häufen sich inzwischen die Unfälle. Autos rutschten oft gegen Bahnen und Busse, sagte BVG-Sprecherin Petra Reetz. Zwei Straßenbahnen entgleisten gestern auf selten befahrenen Betriebsstrecken, weil die Schienen vereist waren. Auch sonst gab es Verspätungen.

Bei der Bahn lief zwar der Betrieb in der Stadt fast reibungslos, hier wirkten sich aber die Verspätungen und Zugausfälle in Mecklenburg-Vorpommern aus. Am Hauptbahnhof mussten in der Nacht zu Freitag zwei Gleise stundenlang gesperrt werden, weil sich eine Entrauchungsklappe im Glasdach geöffnet hatte. Dort hatten sich Eiszapfen gebildet, die von einem Spezialfahrzeug aus entfernt werden mussten.

Im Flugverkehr wurden bis Redaktionsschluss rund ein Dutzend Flüge gestrichen. Dies sei vorsorglich erfolgt, um an Drehkreuzen wie Frankfurt (Main) und München zusätzlich „Luft“ zu verschaffen, sagte ein Sprecher. 

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