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Berlin Partner: Mit der Unterschrift vom Chef

Berlin-Partner-Chef René Gurka gab Zahlungsanweisung für umstrittene Beratungsaufträge frei. Der Aufsichtsrat steht dennoch weiter zu ihm.

Der Geschäftsführer der Wirtschaftsförderungsgesellschaft Berlin Partner, René Gurka, hat persönlich Anweisungen mitunterzeichnet, die zur Bezahlung von Rechnungen für stark umstrittene Aufträge an eine externe Rechtsanwaltkanzlei führten. Wie berichtet, war eine Angestellte der Berlin-Werber federführend bei umstrittenen Beratungen, obwohl deren Ehepartner an prominenter Stelle auf dem Briefkopf der damit beauftragten Kanzlei steht. Weil Berlin Partner in diesem Jahr mit 8,4 Millionen Euro öffentlicher Gelder subventioniert wird, durchleuchten externe Wirtschaftsprüfer von KPMG die Firma.

Gurka hat als „Budgetverantwortlicher“ von Berlin Partner die „Kontierungsbelege“ für die Rechnungen unterzeichnet, wie aus den Dokumenten hervorgeht, die dem Tagesspiegel vorliegen. Das Begleitschreiben zur Rechnung ist direkt an Gurkas Mitarbeiterin adressiert. Und deren Ehemann ist in der beauftragten Kanzlei in hervorgehobener Stellung beschäftigt. Die Ehefrau und Mitarbeiterin von Berlin Partner wird in der anliegenden „Aufwanderfassung“ der Rechtsanwaltskanzlei namentlich genannt. Berechnet wird etwa eine „telefonische Besprechung“ mit der Frau sowie ein Termin, bei dem die Berlin Partner im Zusammenhang mit „Messebau“ beraten wurden. Die Berlin-Werber repräsentieren die Stadt auf Messen und Kongressen mit dem Ziel, neue Firmen zur Ansiedlung in der Stadt zu bewegen.

In einem anonymen Schreiben an Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke) hatte ein Informant behauptet, die Aufträge an die Kanzlei, in der der Ehepartner der Berlin-Werberin beschäftigt ist, seien ohne Ausschreibung erfolgt. Berlin Partner sind ein öffentlicher Auftraggeber. So steht es in der eigenen „Unternehmensrichtlinie nationale Ausschreibungen“. Die wurde von Gurka unterzeichnet. Das über 40 Seiten starke Regelwerk stellt klar, dass „Auftragsvergaben der Berlin Partner stets der Ausschreibungspflicht unterliegen; dies gilt für alle von den Berlin Partnern zu vergebenden Verträge“.

Beim wichtigsten Geldgeber von Berlin Partner, der landeseigenen Investitionsbank Berlin, heißt es: „Wir erwarten, dass sich die Berlin Partner wie alle öffentlichen Unternehmen verhalten und die geltenden Vergabekriterien des Landes einhalten sowie die Regeln für eine ordnungsgemäße Unternehmensführung“, sagt IBB-Sprecher Jens Holtkamp.

Obwohl der Abschlussbericht der Wirtschaftsprüfer erst in der kommenden Woche vorgelegt werden soll, ist der Aufsichtsratschef der Berlin Partner, Peter Zühlsdorff, davon überzeugt, dass auch diese dritte Affäre innerhalb von eineinhalb Jahren folgenlos bleibt: „Ich schließe nach heutigem Kenntnisstand personelle Konsequenzen aus“, sagte er.

Dagegen rumort es bei den Mitarbeitern von Berlin Partner: Bei Gesprächen mit Investoren stünden die Affären im Vordergrund und nicht mehr deren Ansiedlung in Berlin. „Was wir mit den Händen aufbauen, wird mit dem Arsch wieder abgerissen“, sagt einer, der nicht genannt werden will. Im vergangenen Jahr wurden Möbel im Wert von 145 000 Euro ohne Ausschreibung gekauft. Zudem war nur im letzten Augenblick die Bezahlung von Handgeldern an ausländische Journalisten gestoppt worden, damit diese zu einer Pressekonferenz der Berlin Partner erscheinen.

Bemerkenswert ist auch eine aufwendige Kosmetik des Lebenslaufs des obersten Berlin-Werbers René Gurka. Dessen Vita stand auf der Tagesordnung einer internen Besprechung am 21. August vergangenen Jahres. Beschlossen wurde, dass „jegliche Hinweise auf den Bachelor of Law von Herrn Gurka aus allen internen Dokumenten und unserem Internetauftritt gelöscht werden“. Dass Gurka möglicherweise überhaupt keinen akademischen Titel an der Universität Osnabrück erworben hatte, nachdem er sie nach acht Jahren verließ, ficht Zühlsdorff nicht an: Gurka sei angeworben worden, „insofern hat er sich mit Sicherheit nicht mit einem falschen Zeugnis beworben“. Trotz der Affären wurde Gurkas Vertrag im Juni bis Ende März 2015 verlängert. Die Berlin Partner wollten sich mit Verweis auf die laufende Prüfung nicht äußern.

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