zum Hauptinhalt
Cocktails im S-Bahnwagen. Der Barmann im „Train“ am Kleistpark weiß nicht, wie lange er noch ausschenken darf.

© Cay Dobberke

Berlin-Schöneberg: Kiezkampf am Kleistpark

In Schöneberg wehren sich Bürger wieder gegen Planungen des Bezirksamts. Sie wollen die Freifläche mit der Bar „Train“ erhalten, die einem Neubau weichen soll – und an der Crellestraße 91 Bäume retten.

Am U-Bahnhof Kleistpark hängt ein großes Protestplakat gegen ein Bauprojekt und den „Kiezverkauf“, während Aushänge in der nahen Crellestraße den „Irrsinn“ anprangern, für einen Weg am Bahndamm 91 Bäume zu fällen. In Schöneberg ärgern sich Anwohner mal wieder über die Stadtplanung des Bezirks. Deshalb ist am Mittwoch mit kontroversen Diskussionen und viel Publikum im BVV-Stadtentwicklungsausschuss Tempelhof-Schöneberg zu rechnen, wo beide Streitpunkte auf der Tagesordnung stehen (ab 17 Uhr im Rathaus Schöneberg, Raum 1110).

Wie kämpferisch Bürger in dem Kiez sein können, wenn sie dessen Struktur bedroht sehen, zeigte sich schon im Herbst 2013. Damals wollten Anwohner die Fällung von drei Linden für ein neues Wohnhaus an der Crellestraße 22 verhindern. Einer der Bäume wurde wochenlang besetzt, Unterstützer schliefen in einer Hängematte und in einem Zelt, bis die Polizei die Protestaktion beendete. Inzwischen ist das Haus mit 34 Wohnungen im Bau.

Investor plant Studentenwohnungen am U-Bahnhof

Einige der damals aktiven Bürger stehen auch hinter den neuen Protesten der „Bürgerinitiative Crellestraße“ und der „BI Kleistpark“. Am U-Bahnhof geht es um die Ecke Hauptstraße, Langenscheidtstraße und Willmanndamm, wo die Cocktailbar „Train“ in einem ausrangierten S-Bahnwagen Gäste empfängt und das benachbarte griechische Restaurant „Ypsilon“ einen Sommergarten betreibt. Damit könnte bald Schluss sein, denn ein Investor hat das Grundstück vom Liegenschaftsfonds gekauft. Er plant einen Neubau.

Zuerst sollte ein Hotel entstehen, jetzt geht es um ein Studentenwohnhaus mit etwa 115 Zimmern. Die Gegner kritisieren, die „zur Stadtteilkultur gehörenden gastronomischen Betriebe“ würden zugunsten einer „fragwürdige Bebauung vertrieben“, die Wohnungen in der Nachbarschaft „rücksichtslos die Sonne nimmt“ und die Freifläche „jahrelang zur Großbaustelle macht“.

Der Bezirk überließ die Freifläche dem Liegenschaftsfonds

Stadtentwicklungsstadträtin Sibyll Klotz (Grüne) stellt die Entwicklung anders dar. Vor Jahren hätten die CDU und ihr damaliger Baustadtrat Bernd Krömer einen Supermarkt ansiedeln wollen, das habe die rot-grüne Mehrheit der Bezirksverordneten abgelehnt. Später aber habe die BVV beschlossen, dass der Liegenschaftsfonds einen Investor suchen und ein Konzept vorlegen soll. „Das ist nie passiert“, beklagt Klotz. Die BVV habe wohl übersehen, dass der Liegenschaftsfonds gar nicht zu Absprachen verpflichtet sei.

Nun „mache ich das Beste aus dem Beschluss“, sagt die Stadträtin. Als die Kritik am Hotelbau lauter wurde, habe sie beim Investor „für das studentische Wohnen geworben“. Die Grünen-Fraktion distanziert sich mittlerweile trotzdem von der Planung, während die SPD bereits das frühere Hotelprojekt als „Stadtreparatur“ in einer „kriegsbedingten Baulücke“ gelobt hatte.

Die Bürgerinitiative Kleistpark meint, die Wohnungen würden zu teuer für Studenten, deshalb habe das Studentenwerk Berlin die Trägerschaft abgelehnt. Klotz sagt, es gebe durchaus Hochschüler, die mehr als die in Studentenwohnheimen üblichen Mietpreise zahlen können.

Der geplante Weg führt mitten durchs Grün

An der Crellestraße wehren sich Anwohner gegen die Fällung von 91 Bäumen. Sie sollen einem „Multifunktionsweg“ im Wannseebahngraben zwischen den S-Bahnhöfen Julius-Leber-Brücke und Yorckstraße (Großgörschenstraße) weichen. Der für Fußgänger und Radfahrer gedachte Weg neben der Trasse der S1 soll ein Teil der Verbindung „Schöneberger Schleife“ werden. Ein Landschaftsplaner hatte mehrere Varianten vorgestellt. In einer davon führte der Weg über eine bestehende Baustraße direkt am Bahndamm. Fällungen wären dann nicht nötig.

Das Bezirksamt erklärte später, die Deutsche Bahn verweigere ihre Einwilligung. Sie wolle Kabelschächte vor Anschlägen schützen. Als Ersatzlösung will das Bezirksamt den Weg durch den benachbarten Grünstreifen führen. Baustadtrat Daniel Krüger (CDU) sagt, nur 41 Bäume seien als schützenswert eingestuft, die übrigen hätten zu dünne Stämme.

Ende Januar endete eine Bürgerversammlung dazu ohne einen Kompromiss. Nun muss sich die BVV mit einem Einwohnerantrag zur „Rettung der Vegetation“ befassen, den 1162 Bürger unterzeichnet haben (hier im Wortlaut als pdf-Datei).

- Einen Bericht über die neueste Entwicklung finden Sie unter diesem Link.

Sie stehen dem Weg im Weg. Flatterbänder zeigen, welche 91 Bäume zwischen der Crellestraße und der Wannseebahnlinie S1 gefällt werden sollen.
Sie stehen dem Weg im Weg. Flatterbänder zeigen, welche 91 Bäume zwischen der Crellestraße und der Wannseebahnlinie S1 gefällt werden sollen.

© Cay Dobberke

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false