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Berlin: Berlin und Brandenburg auf getrennten Schulwegen

Gemeinsame Bildungsregion in weiter Ferne: Sekundarschul-Modell ist kein Vorbild für die Hauptstadt

Eine „gemeinsame Bildungsregion“ wollten Berlin und Brandenburg eigentlich werden – stattdessen sind die beiden Bundesländer gerade dabei, weiter denn je auseinander zu driften: In Brandenburg soll es nach der 6. Grundschulklasse bald nur noch zwei Schulformen geben – Gymnasien und Sekundarschulen. Das hat eine Expertenkommission der Landesregierung gerade empfohlen. In Berlin bleibt erstmal alles beim Alten: Die Schüler verteilen sich ab Klasse 7 auf Haupt-, Real-, Gesamtschulen und Gymnasien.

Die Zusammenlegung der Schularten ist in Brandenburg demographisch bedingt: Wegen des starken Schülerschwundes müssen die Kinder auf zwei Schularten konzentriert werden, wobei man die bisherigen Gesamt- und Realschulen zu Sekundarschulen zusammenführt.

In Berlin ist dieser Handlungsdruck weniger stark, doch auch hier verliert die Mittelstufe, also Klasse 7 bis 10, bis zum Jahre 2011 weitere 18 000 Schüler. Zwei bis drei Dutzend Oberschulen müssen deshalb geschlossen werden, wodurch das Angebot an unterschiedlichen Schulformen in manchen Regionen zwangsläufig zurückgeht. Nicht anders sieht es in Berlin in den Klassen 11 bis 13 aus: Sie schrumpfen um 6000 Schüler.

Bislang will die Senatsschulverwaltung deshalb in etwa zu gleichen Teilen Gymnasien, Gesamt-, Haupt- und Realschulen längerfristig schließen. Allerdings ist damit zu rechnen, dass das zergliederte Berliner Schulsystem nicht nur demographisch, sondern auch politisch zunehmend unter Druck gerät.

In der PDS, bei den Bündnisgrünen und der Lehrergewerkschaft GEW ist die „Schule für alle“, also die Einheitsschule bis Klasse 9 oder 10, längst auf der Tagesordnung. Auch in der SPD wollen immer mehr Politiker verhindern, dass sich die soziale Herkunft bereits nach der sechsten Klasse in unterschiedlichen Schulformen manifestiert. Gestützt auf die Pisa-Studie argumentieren sie, dass die frühe Aufteilung der Kinder nicht zu einer höheren Leistungsfähigkeit des Schulsystems führt. Ihnen allen geht allerdings das Brandenburger Modell mit Sekundarschule und Gymnasien nicht weit genug, weil auch dort die Begabtesten, also Gymnasiasten, schon nach der 6. Klasse getrennte Wege gehen. Allerdings würden sie die Sekundarschule als Zwischenschritt zur Einheitsschule akzeptieren.

Dagegen wollen CDU und FDP nichts von der Sekundarschule wissen. FDP-Politikerin Mieke Senftleben findet eine Zweiteilung aber immer noch besser als die „Einheitsschule“. Der CDU-Bildungsexperte Gerhard Schmid will mehrere Wege zum Abitur offen halten, nicht nur Gymnasien sollen dorthin führen. Wer den Sprung aufs Gymnasium nach der 6. Klasse verpasse, habe sonst keine Chance mehr. Schmid will deshalb die durchlässigeren Gesamtschulen mitsamt ihrer gymnasialen Oberstufen für bestimmte Schülergruppen erhalten. Für die Beibehaltung von Haupt- und Realschulen plädiert Schmid ohnehin.

Schulexperten wie FU-Präsident Dieter Lenzen oder Bildungsforscher Jürgen Baumert halten zwar prinzipiell weniger Schulformen für sinnvoll und haben das für Brandenburg empfohlen. Dennoch warnen sie davor, die Strukturdebatte zu sehr in den Vordergrund zu stellen. Wichtiger sei die Qualität des Unterrichts.

So argumentiert auch Bildungssenator Klaus Böger (SPD). Er will jetzt vor allem die Pisa-Schulreformen umsetzen. Allerdings erwartet die bildungspolitische SPD-Sprecherin Felicitas Tesch, dass die Strukturfrage in der nächsten Legislaturperiode zurück auf die Tagesordnung kommt – als Beitrag zur „gemeinsamen Bildungsregion Berlin-Brandenburg“.

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