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Berlin: Berlin wird neu eingerichtet

Drei große Möbelketten planen neue Häuser. Kleine Händler bangen ums Geschäft

Im Berliner Möbeleinzelhandel wird der Wettbewerb immer härter. Zurzeit planen gleich drei große Möbelketten – Ikea, Krieger und Lutz-Neubert – neue Häuser. Die Meinungen über die möglichen Folgen gehen auseinander. „Die Stadt verträgt jetzt schon keinen weiteren Möbelmarkt mehr“, sagt Reinhard Kusian, Erster Vorsitzender des Fachverbandes des Möbel- und Küchenhandels in Berlin-Brandenburg. Dagegen heißt es aus der Senatswirtschaftsverwaltung, die Flächen der Einrichtungshäuser seien im bundesweiten Vergleich „noch unterdurchschnittlich“. Die Berliner Industrie- und Handelskammer (IHK) hat nichts gegen Neuansiedlungen, sofern die Standorte „stadtverträglich“ seien.

Laut Rolf Spannagel vom FfH Institut für Markt- und Wirtschaftsforschung belegt der Möbeleinzelhandel in Berlin zurzeit 350 000 Quadratmeter Verkaufsfläche. Etwa gleich groß sei die Fläche im Brandenburger Umland. Auf jeden Berliner kommen laut Spannagel rund 0,15 Quadratmeter Möbelverkaufsfläche, was unter dem Bundesdurchschnitt von 0,20 Quadratmetern liege.

Die neuesten Expansionspläne stammen von Ikea: An der Landsberger Allee in Lichtenberg soll nun doch eine Filiale des schwedischen Konzerns entstehen, nachdem das Projekt 2004 zurückgestellt worden war. Um die Baukosten von 45 auf 40 Millionen Euro zu senken, entfallen ursprünglich geplante Besonderheiten wie eine Glasfassade. Der Bauantrag wird voraussichtlich erst 2007 gestellt, die Eröffnung strebt Ikea für 2008 an. Bisher gibt es Filialen in Spandau und seit Ende 2003 am Sachsendamm in Tempelhof. Außerdem ist Ikea in Waltersdorf am Stadtrand vertreten.

Fortschritte macht auch die österreichische Kette Lutz-Neubert, die sich vor allem neben dem S-Bahnhof Halensee mit drei Häusern ihrer Marken ansiedeln will. Auf dem ehemaligen Güterbahnhof, der an den Kurfürstendamm grenzt, sind rund 55 000 Quadratmeter Verkaufsfläche geplant. Die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Charlottenburg-Wilmersdorf stimmte gerade mit knapper Mehrheit für ein Bebauungsplanverfahren. Allerdings sollen zunächst die Verkehrsbelastungen und die Verträglichkeit für den Handel in der Umgebung untersucht werden.

Große Möbelmärkte verschärfen nicht nur den Wettbewerb in der eigenen Branche. „Kritisch sehen wir die Randsortimente“, sagt Christoph Lang, Sprecher der Wirtschaftsverwaltung. Denn auch Blumen, Geschenkartikel oder Elektroartikel gehören zum Sortiment. In Halensee sind deshalb Ladeninhaber in der nahen Westfälischen Straße besorgt. Eine Bürgerinitiative will das Vorhaben mit einem Bürgerbegehren stoppen.

Einen kleineren Standort plant Lutz-Neubert auch am Kurt-Schumacher-Damm in Reinickendorf. Außerdem verhandelte die Kette über den Kauf des zum Jahresende geschlossenen Hertie-Kaufhauses in Neukölln. Zu einem Vertragsabschluss kam es bisher nicht, daher bleibt im Hertie-Haus vorläufig ein Schnäppchenmarkt.

Verzögerungen gibt es beim Bau der Möbel-Höffner-Niederlassung auf der einstigen Radrennbahn Schöneberg. Höffner gehört zur Unternehmensgruppe Krieger. Laut Firmenchef Kurt Krieger beanstandete das Bauamt Teile der Brandschutz- und Fluchtwegeplanungen. Bis zur Baugenehmigung könne noch ein halbes Jahr vergehen, die Eröffnung werde erst 2007 möglich sein. In Schöneberg hatte sich der „Kampf der Giganten“ zwischen den beiden Großunternehmen besonders zugespitzt. Das Areal war in einem Bieterverfahren zunächst Lutz-Neubert zugesprochen worden, aber Krieger focht diese Entscheidung erfolgreich an. Weitere Expansionspläne hat Krieger derzeit nicht. „Der Kuchen wird nicht größer“, sagt er, die Umsätze im Möbeleinzelhandel seien seit Jahren rückläufig.

Verbands-Chef Kusian spricht von einem „Vernichtungswettbewerb unter den Großen“, der auch den kleinen Händlern schade. Deutschland sei bereits „Weltmeister in der Möbelverkaufsfläche“. Politiker ließen sich immer wieder von Investoren mit dem Argument überzeugen, dass neue Arbeitsplätze entstünden, klagt Kusian. Der damit einhergehende Jobverlust im Mittelstand werde dabei übersehen. Der Wegfall des Rabattgesetzes habe kleineren Firmen geschadet, da die großen seitdem mit Dumping-Preisen Kundschaft anlocken könnten.

Gelassener sieht es Klaus Gennrich vom Design-Center Stilwerk in der Kantstraße: Weil die dortigen Mieter auf hochwertige Einrichtungsgegenstände setzen, „kratzen uns Ikea und Höffner nicht“. Das neue Jahr habe mit guten Umsätzen begonnen, und im April werde als neuester Mieter ein „Möve Flagship Store“ für Frotteewaren einziehen. Nur die Ansiedlungspläne von Lutz-Neubert sieht Centermanager Gennrich mit etwas Sorge. „Lutz kommt mit Markenware, da müssen wir aufpassen.“

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