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Die Magie des Eröffnungs-Moments mit Berlinale-Direktor Dieter Kosslick und Jurypräsidentin Meryl Streep sowie der Festival-Jury. Danach durfte gefeiert werden.

© REUTERS

Berlinale-Eröffnung: Die Filmwelt im Rausch der Bilder

Berlinale-Partys sind wie Familientreffen: Einmal im Jahr trifft man sich zum Feiern und Austauschen. Die einen reisen extra aus Neufundland an. Andere tragen tatsächlich: Papstschuhe.

Für Filmemacher Volker Schlöndorff war der Berlinale-Auftakt der fröhlichste, an den er sich erinnern kann, und er ist nun wirklich ein Veteran. So viel Zwischenapplaus und Gelächter gab es wohl kaum je bei einem Eröffnungsfilm. Dass der Berlinale-Palast gestopft voll mit Stars war, sah man unter anderem daran, dass nachts um halb zwei die Tür zur Bären Lounge, in der traditionell die Jury und die Crew des Eröffnungsfilms feiern, noch fest verschlossen war. Normalerweise wird der Raum gegen Mitternacht ins allgemeine Fetengeschehen mit einbezogen.

Aber Meryl Streep hat ja schon angekündigt, dass sie auch Spaß haben will in Berlin. Dass die Jurypräsidentin bei der Gala gleich zweimal eine stehende Ovation bekommen hat, dürfte dazu beigetragen haben. Festivalchef Dieter Kosslick erkannte sofort den Motivationswert dieser Momente. Ja, er habe George Clooney gefragt, ob er auch mal Lust hat, Jurypräsident zu werden, erzählte er spätnachts im Adagio. Leider habe der sich dazu noch nicht geäußert. Macht nichts, so was kann auch eine Spätzünderwirkung haben.

Der Teufel trug am Eröffnungsabend Prada

Das berühmte familiäre Gefühl der Berlinale war auch in dieser Nacht wieder deutlich spürbar. Es äußert sich in dieser Lust am Blödeln, die bei aller Anspannung, die sich niemand anmerken lässt, eben auch da ist. „Der Teufel trägt ja tatsächlich Prada“, sagte ein Jurymitglied mit Blick auf Meryl Streeps Kleid. Sie war da nicht die Einzige. Kunstanwalt Peter Raue hatte zum Geburtstag von seinen Mitarbeitern die gleichen roten Schuhe bekommen, die früher immer die Päpste trugen und sich dazu verpflichtet, die zur schicksten Sause der Saison dem staunenden Publikum vorzuführen.

Claudia Müller, die Frau des Regierenden Bürgermeisters, durfte eine ganze Stunde lang neben George Clooney sitzen. Davon machte sie aber nicht so viel Gebrauch wie Kimberly Emerson, die als Botschaftergattin ihre Aktivitäten für Human Rights Watch zwar zurückfahren musste, in den USA aber ein führendes Mitglied ist und sofort Anknüpfungspunkte mit Menschenrechtsanwältin Amal Clooney fand. US-Botschafter John Emerson amüsierte sich über viele versteckte Andeutungen in dem Film, der sich um Hollywood dreht. Schließlich lebte er in Beverly Hills und kennt jede Menge Leute aus der Branche.

Diplomatisches Geschick bewies Dieter Kosslick auch, als er nach seinem Lieblingsgast gefragt wurde und Ron Meyer von NBCUniversal nannte, den Sohn jüdischer Eltern, die vor den Nazis aus Deutschland fliehen mussten. Wäre die nächtliche Party nicht so voll und wuselig gewesen, hätte Meyer auf Margot Friedlaender treffen können. Die 94-Jährige wurde einst selbst von den Nazis verfolgt, reimmigrierte vor einigen Jahren aus den USA und genießt nun das gesellschaftliche Leben der Stadt. Dazu motiviert sie auch Ex-Staatssekretär André Schmitz, der ebenfalls da war.

Berlinale, das ist Lebensgefühl

Auffallend herzlich begrüßte Staatsministerin Monika Grütters ihren Vorgänger Bernd Neumann. Für ihre eigenen Akzente, die Förderung des Kulturfilms, hatte sie gerade Beifall der Produzentenallianz bekommen. Aus Neufundland war der frühere Sony-Chef Jürgen Schau angereist. Die Berlinale ist eben nicht nur Big Business und Filme gucken, sondern auch ein Lebensgefühl. Gerade das erste Wochenende nutzen Veranstalter von überall her, um am Berlinale-Rausch teilzunehmen.

Aus Gütersloh wollten die obersten Bertelsmann-Manager kommen, um in der Repräsentanz Unter den Linden am Freitagabend nach der Aufführung mit einem großen Fest die Restaurierung des Films „Der müde Tod“ von Fritz Lang zu feiern.

Rund 900 Gäste, darunter so ziemlich alles, was in der deutschen Film- und Fernsehbranche Rang und Namen hat, wollten am Abend ins Kommunikationsmuseum kommen, wo die ARD zur Blue Hour 2016 geladen hatte. Danach sollte es in die Spanische Botschaft am Tiergarten gehen, die sich die Zeitschrift „Bunte“ und BMW für ihre ebenfalls schon traditionelle späte Berlinale-Party ausgesucht hatten. Den rund 500 Gästen sollten unter anderem spanische Cocktails aus der Kreuzberger Bar von Daniel Brühl geboten werden.

Ganz ohne Blitzlichter wollte Hauptsponsor Audi die Jury in aller Ruhe in Klaus-Peter Koflers Pop-up-Restaurant mit dem sinnigen Namen „The Audience“ bewirten, ein Wortspiel aus dem englischen Wort für „Publikum“ und Automarke. Auch in der ersten Nacht hatten sie dorthin zur Party geladen. In dem ansonsten leer stehenden Haus an der Kreuzberger Möckernstraße sprüht ein Graffitikünstler Bilder an die Wand, während getafelt wird.

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