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Berliner Abgeordnetenhaus: Die sanfte Reformation der Berliner Union

Fraktionschef Pflüger und Landeschef Schmitt verändern das Profil der CDU in Richtung Mitte.

Er betont gern das Grüne an der CDU. Er will den Bestand an öffentlichen Wohnungen verringern. Jetzt stellt er auch noch das dreigliedrige Schulsystem infrage. Fraktionschef Friedbert Pflüger ist dabei, das Profil der Berliner Union rundzuerneuern. Gelegentlich lassen ihn seine Parteifreunde jetzt spüren, dass Pflügers Arbeitstempo sie verunsichert.

Tatsächlich ist die Berliner CDU in Bewegung gekommen. An drei Punkten zeigt sich das besonders deutlich: am Umgang mit den Grünen und deren Zielen, an der Privatisierungs- und an der Bildungspolitik. Als die CDU-Fraktion kürzlich in Neuruppin in Klausur ging, war Pflügers Tempo durchaus ein Thema. Mancher halte die Geschwindigkeit, mit der Pflüger alte CDU-Bastionen räumt, für gefährlich. Es habe ein paar Mal „gekracht“, sagt einer der Vormänner der Partei. Aber die, die den neuen Kurs infrage stellten, seien Leute aus der dritten oder vierten Reihe der Fraktion.

Anders gesagt: Die inhaltliche Runderneuerung der Partei ist auch von denen gewollt, die schon länger Verantwortung tragen. Von Landeschef Ingo Schmitt über Generalsekretär Frank Henkel bis zu denen, die wie Frank Steffel einen starken Kreisverband führen und ein Führungsamt in der Fraktion innehaben, äußert keiner Zweifel an Pflügers Methode.

Dabei müssen die Mitglieder kräftig umdenken, wie ein Rückblick zeigt. Um beim Umgang mit den Grünen zu beginnen: Ein einziges Mal hatte sich in der vergangenen Legislaturperiode der damalige Fraktionschef Nicolas Zimmer gewagt, die traditionelle schwarz-grüne Politfeindschaft infrage zu stellen. Das tat er in einem Aufsatz, der bewies, wie ernst es Zimmer war – und die Grünen ließen ihn kalt abblitzen, was wohl vielen in der CDU durchaus recht war und den eigenen Abneigungen entsprach.

In der Schul- oder der Finanzpolitik bewegte sich die Union auch nicht. Öffentlich stellte niemand die Hauptschule infrage; die gehörte zum Inhaltsinventar der Partei. Und die Fragen der Privatisierung und Verflüssigung von Landesvermögen überließ man komplett den Liberalen und dem Finanzsenator. Thilo Sarrazin wirkte in seinen Privatisierungsüberlegungen gelegentlich liberaler als die Berliner Christdemokraten.

Pflüger korrigiert die altbekannten CDU-Positionen eigentlich nicht auf brutale Art. Doch wie ein CDU-Kreischef sagt: „Die Berliner Union hat sich nie durch besondere inhaltliche Lebendigkeit ausgezeichnet“. Da ist die Tatsache, dass einer Diskussionen in Gang bringt, eine kleine Zumutung. Der Fraktionschef sagt also stets, man könne zwar Wohnungen verkaufen, müsse aber immer die Folgen im Blick haben. Und das Thesenpapier zur Zukunft der Hauptschulen, das der Pflüger nahestehende Abgeordnete Sascha Steuer geschrieben hat, verweist auf Hamburg. Dort hat der CDU-Erfolgsmann Ole von Beust eine Reform auf den Weg gebracht, die zum zweigliedrigen System mit Gymnasien und „Stadtteilschulen“ führen soll.

Interessant an der Neupositionierung der Union ist die Leichtigkeit, mit der sie sich vollzieht. Katrin Schultze-Berndt zum Beispiel, langjährige Schulpolitikerin und nun Bildungsstadträtin in Reinickendorf, sagt auf die Frage, ob der Schwenk zum zweigliedrigen System zu einem Konflikt in der Partei führe: „Nö.“ Sie wolle die Hauptschule „entwickeln“. Nun müsse man miteinander diskutieren, wohin man wolle. Sie betont das „miteinander“.

Genauso ist es mit der Finanzpolitik, wie sich am vergangenen Montag bei einem Mitgliederkongress zeigte. Schmitt gab die Richtung vor, indem er auflistete, was man noch verkaufen könnte – Wohnungen, den Krankenhauskonzern Vivantes, die Messe, nicht aber die BSR oder die BVG. Und die Partei fragte gar nicht, warum die BSR dem Land erhalten bleiben soll.

Schmitt will, dass die CDU am Ende der Legislatuperiode sagen kann, wie das Land noch mal fünf bis sechs Milliarden aus Verkäufen einnehmen könnte. Pflüger macht entsprechende Vorschläge aus dem praktischen Betrieb heraus. Die Partei, sagt einer, der die Basis kennt, „entwickelt sich nicht in dem Tempo. Das muss sie auch nicht.“ Interessant werde es erst, wenn sich die Union in Umfragen bei 25 Prozent stabilisiert. Vor kurzem stand sie mal bei 23 Prozent.

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