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Berliner Ansichten: Frei schwebend

Ulrich Zawatka-Gerlach sieht einen Trend zum parteilosen Abgeordneten.

Jeder sollte eine Schublade haben, in die er seine Vorurteile ablegen kann. Sehr verbreitet ist zum Beispiel die Vermutung, dass Sozialisten einen starken Hang zur Parteidisziplin haben. Die Linksfraktion im Abgeordnetenhaus lehrt uns etwas anderes. Denn sie bekommen im Umgang mit parteilosen Parlamentariern allmählich Routine. Ihr ehemaliger Haushaltsexperte Carl Wechselberg gab am Mittwoch sein rotes Mitgliedsbuch zurück, bleibt aber als tapferer Rot-Roter in der Fraktion. Das Problem wurde hinreichend öffentlich durchgehechelt, aber ist es wirklich ein Problem? Denn auch die Vize-Chefin der Linksfraktion, Mari Weiß, ist zwar Stipendiatin der Rosa-Luxemburg-Stiftung, aber parteilos. Das interessierte bisher niemanden. Und als der heutige Wirtschaftssenator Harald Wolf noch Fraktionsvorsitzender der Linken war, die in den neunziger Jahren PDS hieß, hatte er ebenfalls kein Parteibuch. Politische Gesinnung und Loyalität kommen also notfalls ohne den monatlichen Mitgliedsbeitrag aus. Angeblich sind die Volksvertreter sowieso nur ihrem Gewissen verantwortlich. Die Kassenwarte der Parteien hören so etwas aber gar nicht gern.

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