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Berliner Ansichten: Zahlungsverkehr

Jeder unpünktliche oder dreckige S-Bahn-Zug soll hohe Strafabzüge bringen - und mit dem eingesammelten Geld werden die landeseigenen Verkehrsbetriebe aufgehübscht. Ulrich Zawatka-Gerlach über die Umwertung der Werte auf der Schiene.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Wer bestellt, der zahlt. So haben wir es gelernt. Ein Lehrsatz, der für die Präsidenten-Suite im Adlon, aber auch für die Currywurstbude gilt. Der Berliner Senat hat es nun geschafft, dieses Universalprinzip umzukehren: Wer bestellt, der kriegt noch Geld dazu. Das hört sich zunächst an wie ein Angriff auf den gesunden Menschenverstand, aber es geht um die S-Bahn und da geht jedes menschliche Verständnis verloren, sobald man auf dem Bahnsteig steht und auf den Zug wartet. Der entweder kommt oder zu spät kommt oder gar nicht kommt. Das brachte die Verkehrssenatorin Junge-Reyer auf die erfolgversprechende Idee, aus dem Verkehrsvertrag mit der S-Bahn eine Sparbüchse zu machen. Jedes Jahr zahlt Berlin 265 Millionen Euro für bestellte Verkehrsleistungen. Jeder unpünktliche oder dreckige Zug bringt nun hohe Strafabzüge und mit dem eingesammelten Geld werden die landeseigenen Verkehrsbetriebe aufgehübscht. Eine Umverteilungsaktion, für die der S-Bahnkunde mit täglichem Frust bezahlt. Die BVG hingegen freut sich über neue Aufzüge und schöne Bahnsteige. Und vielleicht kriegt sie irgendwann auch noch die S-Bahn geschenkt.

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