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Ein Leben für den Film und das Varieté: Karl Wolffsohn

© promo

Berliner Bühnengeschichte: Eine Gedenkstele für Karl Wolffsohn

Auf dem Grundstück des "Neuen Deutschland" stand früher das Variete "Plaza". Jetzt wird dort auch an den Mitbegründer Karl Wolffsohn erinnert.

Manche Leute sammeln so was: eine Eintrittskarte zum Varieté „Plaza“ am Küstriner Platz in Friedrichshain vom 5. September 1940, Sperrsitz, Reihe 2, Sitz Nr. 25. Wechselte kürzlich über Ebay den Besitzer. Für die Liebhaber Berliner Varietégeschichte ein Kleinod, alter Bühnenglanz zum Anfassen gewissermaßen.

Der alte Küstriner Platz heißt seit 1972 Franz-Mehring-Platz. Das „Neue Deutschland“ hat dort mit der Hausnummer 1 seinen Sitz, auf dem Grundstück, auf dem sich das im Krieg zerstörte Plaza befand. Seit einigen Jahren gibt es dort eine Stele, die an die Varietégeschichte des Ortes und an den Gründer des Plaza, den jüdischen Theater- und Varietébetreiber Jules Marx, erinnerte, der 1943 ins KZ Sachsenhausen verschleppt worden war und dort 15 Monate später umkam.

Marx hatte beim Plaza wie auch bei der „Scala“ mehrere, ebenfalls jüdische Mitgründer und -eigentümer, darunter den Verleger Karl Wolffsohn. Seit kurzem wird auf der umgearbeiteten Stele auch an ihn erinnert, der 1908 in Berlin „Die Lichtbild-Bühne“, die erste deutsche Filmillustrierte, gegründet hatte und damit zu einem Pionier der deutschen Kinogeschichte wurde. Angeregt hatte die späte Ehrung sein Enkel, der Historiker und Publizist Michael Wolffsohn. Beim Landesdenkmalamt habe sein Vorschlag, Gedenktafeln am Franz-Mehring-Platz, an der Friedrichstraße 225 als Verlagsort der „Lichtbild-Bühne“ und an der Fugger-/Ecke Martin-Luther-Straße in Schöneberg, Spielstätte des ehemaligen Varietés „Scala“, anzubringen, keine Resonanz gehabt, die Linke habe aber sofort reagiert, das Anliegen geprüft und umgesetzt. So sprach neben Wolffsohn der stellvertretende Vorsitzende der Bundestagsfraktion, Dietmar Bartsch, bei der Einweihung der neuen Stele, als ehemaliger Schatzmeister der PDS vertraut mit der Geschichte des Ortes.

Mit dem Varieté Plaza, das wegen der Zahl seiner Sitzplätze auch „Theater der 3000“ genannt wurde und den umgebauten alten Ostbahnhof nutzte, wollten seine Gründer vor allem das proletarische Publikum im Arbeiterbezirk Friedrichshain gewinnen – mit Erfolg. Karl Wolffsohn gründete in der Weimarer Zeit auch die Kinopaläste „Lichtburg“ in Berlin und Essen und erwarb 1937 die Gartenstadt Atlantic samt der dortigen Lichtburg. In den Jahren darauf wurde sein Besitz „arisiert“, er kam in Gestapo-Haft. Nach seiner Entlassung gelang ihm die Flucht nach Palästina, wo auch Enkel Michael geboren wurde. Nach seiner Rückkehr wurde Karl Wolffsohn nur teilweise entschädigt.

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