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BERLINER Chronik: 27. November 1990

Nach der politischen Einheit soll nun die Einheit bei den Löhnen kommen

Berlin ist kein neues und kein altes Bundesland mehr. West-Berlin war statusbedingt ein „als ob“-Bundesland, Ost-Berlin entgegen dem Viermächte-Status die Hauptstadt der DDR. Hier wirft die Einheit zahlreiche Fragen auf, die sich anderswo nicht stellen. Schönebergs Bezirksbürgermeister Michael Barthel (SPD) stellt fünf Ost-Berliner zum West-Tarif ein. Er ignoriert damit ein Rundschreiben von Innensenator Erich Pätzold (SPD) mit der Weisung, die Bediensteten nach dem „Wohnortprinzip“ zu bezahlen, also im Westteil wohnende nach West-Tarif, im Ostteil wohnende nach Ost-Tarif, egal, in welchem Teil der Stadt sie arbeiten. Wer nach Ost-Tarif bezahlt wird, erhält aber nur 40 Prozent der West-Bezüge. Begründung des Innensenators: Der höhere West-Tarif würde zu Abwerbungen führen, der öffentliche Dienst Ost dürfe nicht ausbluten.

Die Gewerkschaft ÖTV sieht für ungleiche Bezahlung am gleichen Arbeitsplatz keine Rechtsgrundlage. In den bundesweiten Tarifverhandlungen stehe das „Berliner Wohnortprinzip“ auch gar nicht zur Debatte, sondern nur die Bezahlung von Ost-Bediensteten, die befristet in den Westen abgeordnet werden. Andere Bezirksbürgermeister bekunden, sie würden sich nunmehr bei Neueinstellungen auch nicht an die Weisung halten. Pätzold zieht diese kurz darauf zurück. Gru

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