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Im Namen der Nase. Berliner Luft zeichnet sich nicht immer durch Wohlgeruch aus.

© dpa

Von Tag zu Tag: Berliner Duft, Duft, Duft

Bahnstationen sind nur selten Inseln des Wohlgeruchs. Unser Kolumnist jedenfalls hat davon die Nase voll.

Die Firma "Berlin Duftet" würde gerne S- und U-Bahnhöfe durch die von ihr angebotene Technik besser riechen lassen. Die Fahrgäste sollen sich so wohler fühlen, was auch zur Senkung des Aggressionspotenzials und Einsparungen durch weniger Vandalismus führe. Bei der BVG steht man der Idee skeptisch gegenüber. Aber wie sieht es auf den Stationen denn nun olfaktorisch aus?

Die Berliner Luft ist bekanntlich eine ganz besondere Marke. Ihr ist die inoffizielle Hymne der Stadt geweiht, das traditionelle Schlussstück des alljährlichen Sommerkonzerts der Philharmoniker, ersonnen vom Komponisten Paul Lincke und seinem Texter Heinrich Bolten-Baeckers. Es gibt sie als Souvenir sogar in Dosen zu kaufen, und eingelötet kann man sie ja besingen, so viel man will, nur in freier Wildbahn vermag sie „mit ihrem holden Duft, Duft, Duft“ nicht immer zu prunken. Besonders nicht an Orten, wo sehr viele Berliner und Nicht-Berliner aufeinanderstoßen.

Zum Beispiel in einem der unter Tanzbegeisterten so angesagten Clubs, was immer wieder zu olfaktorisch bedenklichen Situationen führt. Peter Fox hat das sehr eindringlich in „Schwarz zu Blau“ besungen: „Komm aus’m Club, war schön gewesen / Stinke nach Suff, bin kaputt, ist’n schönes Leben“ – na, und so weiter. Fährt nun der müde Clubbesucher, eingehüllt in die Wolke seiner Ausdünstungen, mit der U- oder S-Bahn nach Hause, so werden zunächst mal die anderen, neben ihm auf dem Bahnsteig wartenden Fahrgäste die Nasen rümpfen, obwohl auch sie selbst mitunter alles andere als geruchsneutral auftreten. Der eine hat sich vielleicht den Döner, in den er soeben genussvoll beißt, mit einer Extra-Portion Knoblauchsauce veredeln lassen, beim anderen – es ist ein heißer Tag – hat mal wieder das Deodorant versagt, wenn er sich zur Benutzung dieser kulturellen Errungenschaft überhaupt durchringen konnte. Vielleicht mischt sich auch etwas Zigarettenqualm darunter, verboten zwar an diesem Ort, aber wir sind schließlich in Berlin.

Gewiss, regelmäßig fährt ein Windstoß in dieses Duftgemisch, ein erst ein-, dann abfahrender Zug, wirbelt die Geruchspartikel durcheinander. Und zugegeben, mitunter mischen sich im Stationsgewölbe auch Blumendüfte dazu, wenn ein Blumenverkäufer des Abends zur Tour durch die Lokale startet oder ein Verehrer sich für den Besuch bei seiner Angebeteten mit einem dicken Strauß roter Rosen gerüstet hat. Auch finden die teuren Parfüms, die überall angeboten werden, ja doch hinreichend Käuferinnen und Käufer und werden auch benutzt, sonst wäre das Duftwasser-Geschäft rasch ausgetrocknet – auch diese Substanzen werden sich in Luft verflüchtigt in solch einer Bahnstation nachweisen lassen, aber das würde die Findigkeit einer Drogenspürhundnase voraussetzen, über die der Durchschnittsfahrgast leider nicht verfügt. Oder sagen wir: zum Glück nicht.

Denn auch die Technik selbst ist ja nicht geruchsfrei, die vor unseren Nasen hin- und hersaust. Da wird geölt und geschmiert, auf dass so ein Zug nicht quietscht, knarrt oder gar stehen bleibt. Und das fügt der Berliner Tunnelluft weitere, die Nasenschleimhäute reizende Partikelchen zu. Ach ja, am schönsten ist und bleibt die Berliner Luft doch im Schlager, nehmen wir nur den der „3 Travellers“: „Eine Tüte Luft aus Berlin / müsst ich mir mal wieder / durch die Nase ziehn / eine Tüte Luft aus Berlin / Wo der Flieder und die Linden / So schön blühn.“

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