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Martin Lindner, neuer Landeschef der Berliner FDP

© dapd

Parteitag der Liberalen: Berliner FDP in der Aufbauphase - mal wieder

Auf dem ersten Landesparteitag nach dem Rausschmiss aus dem Berliner Abgeordnetenhaus wählen die Liberalen eine neue Führung. Der neue Frontmann Lindner steht für liberale Wirtschaftspolitik.

Manchmal ist Politik eine Sache der Kondition: Durchhalten ist alles. So geht es der Berliner FDP zur Zeit. Fünfeinhalb Monate nach dem Rausschmiss aus dem Abgeordnetenhaus trafen sich die Liberalen zum Landesparteitag. Sie wählten ihre komplette Führung neu und demonstrierten ein für diese Partei erstaunlich hohes Maß an Gemeinschaftsgefühl und Geschlossenheit. Streiten kann man – so stand es unsichtbar über dem Landesparteitag geschrieben –, wenn man gut bei Kräften ist.

Den ganzen Sonnabend ging es, wie schon einen langen Freitagabend über, um Personen, um das, wofür sie stehen – und auch um das, wofür sie nicht stehen. Der neue Landeschef Martin Lindner, stellvertretender Vorsitzender der Bundestagsfraktion, steht für liberale Wirtschaftspolitik. In Berlin steht er als neuer Frontmann für das Bemühen, die wichtigen Leute und die starken Bezirksverbände in die neue Führung einzubeziehen. „Es gibt nicht wenige, die sich auf unseren Untergang freuen und ständig mit dem Sterbeglöcklein bimmeln“, warnte er. Wie viele der 349 Delegierten erinnert Lindner sich noch an die neunziger Jahre, als die FDP sich in außerparlamentarischen Phasen in zwei Flügel teilte, die einander mit der Inbrunst von Kreuzzüglern befehdeten.

Das soll sich nicht wiederholen. An Lindner war es, den neuen Vorstand so vorzusortieren, dass sich auf dem Parteitag kein Konfliktstoff sammelte. Es gelang – über weite Strecken. Christoph Meyer, Lindners Vorgänger im Amt und Nachfolger in der ehemaligen Berliner FDP-Fraktion, hatte wacker die Verantwortung für die Niederlage übernommen. Vormann Lindner verzichtete nach allem, was man hört, beim Sortieren des neuen Vorstands auf Machtspielchen. Parteireformen – immer ein Anlass für fundamentalen Streit – sind verschoben.

Lindners Stellvertreterin wurde – noch am späten Freitagabend – Mieke Senftleben, das Gesicht der Berliner FDP in der Bildungspolitik. Schatzmeister wurde Meyers enger Vertrauter Lars Lindemann, Bundestagsabgeordneter und profilierter Gesundheitspolitiker. Nur kurz zuckte die Lust am Krawall durch jedenfalls die Hälfte der Delegierten: als Holger Krestel für den Vorstand kandidierte, Nachrücker im Bundestag, dort eher unauffällig, aber wichtig im liberalen Kräftezentrum Tempelhof-Schöneberg. Einmal ließen ihn die Delegierten durchfallen – damit hatten viele gerechnet: So zeigt man dem neuen Chef, dass nicht alle Personalvorschläge gut ankommen. Im zweiten Anlauf warb Lindner für Krestel – und abermals scheiterte der große schwere Mann mit 48 Prozent. Was er dann sagte, kam bei Parteifreunden als Beschimpfung an. Als Dämpfer für Lindner wollten die Delegierten Krestels Demontage indes nicht verstanden wissen.

Noch einmal erlebte Lindner das gleiche am Samstagnachmittag. Da schlug er für einen Beisitzerposten Mathia Specht- Habbel aus seinem Bezirksverband Steglitz-Zehlendorf vor. Auch sie scheiterte zweimal, auch das war, wie es hieß, weniger gegen Lindner als gegen die Bewerberin gerichtet. Denn auch das stand unsichtbar über allen Wahlgängen: Die Liberalen müssen einen Vorstand wählen, der in den kommenden zwei Jahren arbeitet, ohne damit nach außen aufzufallen; der politisch up to date ist, ohne dafür mehr als interne Anerkennung zu erfahren. Eins war auf dem Parteitag absolut unumstritten: Die Mühen der Ebene haben für die FDP jetzt erst begonnen – die Mühen. Und die Ebene.

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