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Komfortabel: Der Empfang der so genannten Komfortklinik in Reinickendorf.

© Doris Spiekermann-Klaas

Berliner Gesundheitswirtschaft: Klinikkonzern Vivantes legt zu

Der landeseigene Klinikkonzern Vivantes behandelt immer mehr Patienten. Doch für Investitionen mangelt es am Geld – jetzt sollen Kredite helfen.

Im vorigen Jahr sei die Patientenzahl auf 18 713 gestiegen, was einen „neuen Rekord“ und einen vierprozentigen Zuwachs im Vergleich zu 2010 bedeute, sagte der Vorsitzende der Vivantes-Geschäftsführung, Joachim Bovelet, am Mittwoch bei einer Jahresbilanz. Der größte kommunale Klinikkonzern Deutschland schreibe seit sieben Jahren schwarze Zahlen. Der Umsatz betrug 865 Millionen Euro, das sind 28 Millionen mehr als 2010. Trotzdem sank der Gewinn um 1,2 Millionen auf 5,1 Millionen Euro.

Dies sei vor allem eine Folge veränderter gesetzlicher Bilanzierungsregeln, sagte der neue Geschäftsführer für Finanzmanagement, Bernd Kahles. Darüber hinaus seien aber auch die Kosten für Material um 18 Millionen auf 200 Millionen Euro gestiegen und die Personalkosten um 28 Millionen auf 603 Millionen Euro. Vivantes hat die Mitarbeiterzahl um 2,9 Prozent auf 13 938 erhöht. Zu den diesjährigen Tarifverhandlungen mit den Ärzten hieß es am Mittwoch, die Verhandlungen dauerten noch an. Die Zuschüsse des Landes Berlin für Investitionen seien „deutlich zu niedrig“, sagte Kahles. Deshalb gab der Vivantes-Aufsichtsrat am Mittwoch grünes Licht für einen Kreditvertrag mit vier Banken, der in der kommenden Woche unterzeichnet werden soll. Es geht um 130 Millionen Euro für Investitionen und 15 Millionen Euro für Betriebsmittel. Mit dem Geld will man zum Beispiel das Klinikum im Friedrichshain ausbauen und das Krankenhaus Prenzlauer Berg dorthin verlagern, einen Neubau für die Psychiatrie im Klinikum Hellersdorf errichten und moderne Medizintechnik anschaffen.

Vivantes sieht sich als „Pionier“ bei der Geldbeschaffung: Erstmals erhalte ein kommunales Klinikunternehmen ohne eine Landesbürgschaft Kredite, dies sei „richtungsweisend“ für Krankenhäuser in öffentlicher Trägerschaft. Gute Geschäftsergebnisse und die „gelungene Restrukturierung“ des Konzerns hätten das nötige Vertrauen der Banken geschaffen.

Expandieren will das Unternehmen in der Altersmedizin. Laut Dorothea Dreizehnter, Geschäftsführerin des Klinikmanagements, sind mehr als 40 000 stationäre Patienten über 75 Jahre alt. Je nach Standort betrage der Anteil dieser Altersgruppe 20 bis 50 Prozent – Tendenz steigend. Der Klinikkonzern plant drei „altersmedizinische Zentren“ sowie ein Hospiz zur Sterbebegleitung, das im Herbst auf dem Gelände des Wenckebach-Klinikums in Tempelhof eröffnen soll. Außerdem soll jeder Vivantes-Standort „eigene Schwerpunkte in der Altersmedizin setzen“.
Als Erfolgsmodell wertete die Geschäftsführung die „Komfortstationen“. Diese Abteilungen mit hotelähnlichem Ambiente und Service gibt es schon in Reinickendorf und Spandau. Demnächst sollen Standorte im Schöneberger Auguste-Viktoria-Klinikum und im Krankenhaus Neukölln folgen. Gesetzlich versicherte Patienten zahlen bis zu 145 Euro pro Tag für ein Einzelzimmer oder 70 Euro für ein Zweibettzimmer; bei Privatpatienten hängt es von Vertragsdetails ab,ob ihre Versicherung die Zusatzkosten erstattet.
Die kostensparende Zusammenarbeit mit der Charité soll ausgebaut werden. 2011 wurde ein gemeinsames Labor gegründet, das Vivantes-Chef Bovelet jetzt als „Erfolgsstory“ lobte. Auf dem Weddinger Campus Virchow-Klinikum entsteht zurzeit ein Neubau für das Labor, der gegen Jahresende fertig werden soll. Die Kosten für Laborleistungen sanken bereits im ersten Jahr um eine Million Euro, außerdem verdiente die Einrichtung rund 1,8 Millionen Euro mit Leistungen für fremde Kunden wie das Unfallkrankenhaus Berlin (UKB).

In der „BBI Airport City“ am Flughafen BER in Schönefeld haben Vivantes und die Klinikgruppe Sana gemeinsam Flächen für ein Gesundheitszentrum gemietet, dessen Kern ein Ärztehaus werden soll. Bisher hat die verschobene Flughafeneröffnung offenbar wenig Folgen für die Arztpraxen, da diese laut Vivantes ohnehin noch nicht Anfang Juni eröffnet werden sollten. Doch in den kommenden Monaten dürften sich Verluste durch die Mietzahlungen und die fehlenden Einnahmen anhäufen. Ob es zu Regressforderungen kommen wird, „wissen wir noch nicht“, hieß es am Mittwoch.

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