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Berlin: Berliner in Nahaufnahme

Schmied, Tänzerin, Stadtreiniger: Tagesspiegel.de lässt in Bild-Ton-Porträts Menschen der Stadt selbst sprechen

Von David Ensikat

Torsten Theel fügt sich regelmäßig Verletzungen zu. Er schwitzt bei der Arbeit, und manchmal friert er. Er ist Kunstschmied, er sagt: „Schmieden ist ein sinnlicher Akt.“ Und er erzählt ganz locker von seinen schlimmsten Unfällen.

Ulla Dahlmann tanzt Tango, so oft wie möglich, seit zwölf Jahren. Wo würde man fremden Menschen so schnell so nah kommen? Anfangs wusste sie nur eines nicht: „Kann ich das überhaupt, mich führen lassen?“

Christian Kruska ist gerne da, wo viele Menschen sind – Hauptsache, sie erzeugen genug Müll. Er leert die Papierkörbe in Berlin-Mitte und fegt den Alexanderplatz. Sein Traum: Er würde gern eine Großkehrmaschine fahren oder einen Baggersaugwagen.

Die drei gehören zu den ersten Protagonisten einer neuen Porträtserie, die der Tagesspiegel im Internet veröffentlicht. Es geht um Berliner, die nicht der allzu oft porträtierten Spezies „Prominente“ angehören und die dennoch – oder auch deshalb Interessantes, Rührendes und auch Skurriles über ihr Leben und ihr Tun zu sagen haben. Es handelt sich nicht um Zeitungstexte, sondern um ein Internetformat; folglich gibt es bislang dafür nur einen etwas sperrigen, englischen Begriff: „Audio-Slideshow“.

So etwas funktioniert wie ein Film, allerdings mit Standbildern. Zwei bis drei Minuten lang erzählt der Porträtierte über sein Leben, seinen Beruf, seine Leidenschaft, und dazu sind, wie in einer Diaschau, Fotos zu sehen.

Warum kein Film? Weil die Fotos so gut sind! Tagesspiegel-Fotograf Mike Wolff macht Schwarz-Weiß-Bilder; auch diese Reduktion folgt der Entscheidung: Konzentration aufs Wesentliche.

Wöchentlich wird ein weiteres Porträt dazukommen. Das wird ein Bestatter sein, für den es ein Erfolg ist, wenn er Heavy-Metal-Fans zum Weinen bringt, eine Auto-Tunerin, die die Polizei nur die „Rennleitung“ nennt, und auch ein Kneipenwirt, der seit kurzem im Ruhestand ist und seine Probleme mit dem Nichtstun hat.

Es gibt ein Vorbild für unsere Serie: „One in 8 Million“, die Online-Porträtsammlung der „New York Times“ aus dem Jahr 2009. Eine Stadt – das mögen auch Häuser und Plätze sein. Zu allererst sind es aber ihre Bewohner. Und ebenso wie bei „One in 8 Million“ diese scheinbar beliebige Auswahl von Personenporträts letztlich ein Porträt von New York ergibt, so sollen unsere „Nahaufnahmen“ ein Bild von Berlin zeichnen, kein vollständiges, aber ein nahes. David Ensikat

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