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Am Moritzplatz in Berlin Kreuzberg wurde die Markierung für die Radspur erneuert. Das soll die bisher hohe Unfallzahl senken.

© Doris Spiekermann-Klaas

Tag der offenen Tür: Berliner Parlament diskutiert mit Bürgern über Radverkehr

Am Tag der offenen Tür befasste sich der Petitionsausschuss mit einer Bürgerbeschwerde zum Fahrradverkehr. Der Verkehrsstaatssekretär versprach Besserung.

Das Volk hätte auch draußen sitzen bleiben können an den Biertischen, um sich in der sporadischen Nachmittagssonne an der Tanzvorführung von sehr kurz behosten Mädchen zu erfreuen. Aber es drängte sich am Sonnabend nicht nur vor der Showbühne, sondern auch drinnen im Preußischen Landtag, wohin das Abgeordnetenhaus zum Tag der offenen Tür geladen hatte – zeitgleich mit dem Bundesrat auf der anderen Seite desselben Gebäudekomplexes.

Am unmittelbarsten treffen Politik und wahres Leben im Petitionsausschuss aufeinander, an den sich Bürger mit ihren Anliegen wenden können. Da lag es nahe, eine öffentliche Sitzung ins Programm aufzunehmen. Vor knapp 100 Zuhörern ging es um „Mehr Sicherheit für Radfahrende“. Das Thema resultiert aus dem Online-Dialog „radsicherheit.berlin.de“, in dem die Verkehrsverwaltung Ende 2013 um Hinweise auf gefährliche Kreuzungen bat.

Tausende beteiligten sich, die Verwaltung pries nach monatelanger Auswertung die Qualität der Hinweise, erstellte eine Top-30-Liste und tat – ja, was eigentlich? Der Petent, ein Ingenieur, beklagte Anfang 2015, dass die Gefahrenstellen nicht entschärft würden. Der Ausschuss gab sich zunächst mit einer Stellungnahme der Verwaltung zufrieden, woraufhin der Petent im März alle genannten Gefahrenstellen besichtigte und für jede einzelne protokollierte, dass bisher nichts geschehen war. Mit Auskünften im Stil von „herausfordernder Aufgabe“ und „gegebenen Rahmenbedingungen“ mochte er sich angesichts konstant hoher Unfallzahlen nicht abfinden. Im zweiten Anlauf sah das auch der Petitionsausschuss so.

Auch in diesem Jahr verfällt wieder Geld für bessere Radwege

Drei genannte Gefahrenstellen wurden nun exemplarisch diskutiert von der Runde aus Verkehrsplanern von Land und Senat, ADFC und Polizei. Übergeordnete Botschaft: Nicht jede subjektive Gefahrenstelle ist auch objektiv eine. Und alles ist noch viel komplizierter, als man glaubt. Das Land plant, die Bezirke machen, alle haben zu wenig Personal, immer lauern Tücken: Mal ist Verkehrsmoral das Problem und nicht die Infrastruktur, mal stehen einer guten Lösung Bäume oder eine vage Straßenbahnplanung im Weg – oder auch nur eine Bezirksgrenze wie am Hermannplatz.

Nach Auskunft von Verkehrsstaatssekretär Christian Gaebler hat die Verwaltung eher ein Personal- als ein Geldproblem. Nachdem 2014 mehr als die Hälfte der eingeplanten vier Millionen Euro für bessere Radverkehrsinfrastruktur verfiel, sollen in diesem Jahr zumindest drei Viertel ausgegeben werden und im nächsten Jahr die ganze Summe, versprach Gaebler. Inzwischen kann seine Verwaltung aus der Top-30-Liste immerhin eine Handvoll abhaken. Und fürs nächste Mal bleibt das Fazit, das der Ausschussvorsitzende Andreas Kugler (SPD) zog: Komplexität ist Fakt, aber keine Ausrede. Und ein Online-Dialog, bei dem die Verwaltung etwas fragt und dann die Bürger anschweigt, ist kein echter Dialog. Der Petent hätte dem wohl noch einiges hinzuzufügen. Aber er ist gerade im Urlaub.

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