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Berliner Polizei: Polizisten sollen keine Labels von Extremisten tragen

Auf der schwarzen Liste von Polizeipräsident Glietsch stehen zehn Kleidungsfirmen. Die für Zivilbeamte untersagten Marken sollen Erkennungszeichen der rechten Szene sein - doch Neonazis haben längst die Symbolik der Antifa übernommen.

Zehn Modemarken hat Polizeipräsident Dieter Glietsch für Zivilbeamte im Dienst auf den Index gesetzt: Thor Steinar, Lonsdale, Ben Sherman, Fred Perry, ACAB, Alpha Industries, Consdaple, Pit Bull, Outlaw und Troublemaker. Die Liste wurde vom Staatsschutz der Polizei zusammengestellt, alle Marken sollen „Erkennungszeichen für die Zugehörigkeit zur rechten Szene“ sein. Dem widersprechen aber Szenekenner und auch die Polizeigewerkschaft. So eindeutig seien die Marken nicht zuzuordnen.

Beispiel Lonsdale: Die Marke war bei den Rechten vor allem in den neunziger Jahren beliebt. Sie enthält die Buchstabenkombination „NSDA“. Wenn der Reißverschluss der Bomberjacke offen ist, ist auf dem Pullover nur „NS“ zu sehen. 1999 hatte sich Lonsdale von Neonazis distanziert und die Belieferung einschlägiger Firmen eingestellt. Stattdessen unterstützt die Firma antirassistische Projekte. Mittlerweile wird Lonsdale auch in der linken Szene getragen, wie zuletzt bei der Hausbesetzerdemo in Friedrichshain am vergangenen Wochenende zu sehen war.

Ohnehin vermischen sich linke und rechte Extremisten optisch immer mehr. Vor allem Neonazis haben Symbole und Codes der Antifa „geklaut“. So ähneln sich die Transparente wie ein Ei dem anderen, Neonazis brüllen ebenso leidenschaftlich linke Parolen (wie „U-S-A Internationale Völkermordzentrale“). Neonazis tragen selbst die linke Ikone Che Guevara auf dem Hemd – um zu provozieren.

Als Ersatz für Lonsdale schuf sich die Neonaziszene ihre eigene Marke: Consdaple. Sie ist eindeutig neonazistisch, schon wegen der im Namen ebenso geschickt wie komplett eingefügten Buchstabenfolge „NSDAP“. Ebenso eindeutig ist die Marke „Masterrace“, also „Herrenrasse“. Wieso diese nicht auf der Kleiderliste von Dieter Glietsch steht, ist unklar. Dafür ist „ACAB“ gelistet – „All Cops Are Bastards“, was sicher kein Polizist freiwillig tragen wird.

Schlagzeilen hatte in den vergangenen Jahren vor allem die Marke Thor Steinar gemacht, wohl auch, weil sie in Brandenburg produziert wird. Sie ist fest in der rechten Szene etabliert, jedoch nicht verboten. Die in Zeesen ansässige Firma hat seit 2005 ein neues, unverfängliches Logo. Das alte ähnelte der SS-Rune. Zunächst Brandenburg und dann Berlin hatten deshalb das Herumlaufen mit dem Logo „ als Zeigen eines Kennzeichens verfassungswidriger Organisationen“ eingestuft. Das ist strafbar. Die Marke behielt ihren Wert in der rechten Szene. Mittlerweile wurde bekannt, dass ein arabischer Geschäftsmann die Firma übernommen hat. Erst gestern protestierten 700 Demonstranten gegen den vor wenigen Wochen eröffneten Thor-Steinar-Laden „Tromsö“ in Friedrichshain. Der verschreckte Vermieter hat dem Laden gekündigt. Doch es dürfte sich ein Rechtsstreit wie bei dem Anfang 2008 eröffneten Laden „Tönsberg“ in Mitte anbahnen. Diesem war ebenfalls gekündigt worden, geöffnet ist das Geschäft noch immer.

Rechtsgerichtete Händler vertreiben in ihren Länden oder übers Internet auch Kleidung der Firmen, die sich gegen die rechte Kundschaft wehren. So wirbt der einschlägig bekannte Shop „Harakiri“ in Pankow auf seiner Homepage mit Lonsdale und Thor Steinar, aber auch mit Ben Shermann sowie mit der Marke Fred Perry. Deren für Deutschland und Holland zuständiger Manager Axel Mosch sagte gestern, der Laden stehe eindeutig nicht auf der Vertriebsliste des Unternehmens. Derartige Fälle würde die Rechtsabteilung prüfen.

Infos zu den Marken im Internet: www.dasversteckspiel.de

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