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Berlin: Berliner Schnauze trifft Frère Jacques Welcher französische Satz

fällt Berlinern als erstes ein?

Eine gute Freundschaft beginnt mit der Verständigung. Berlins französisches Erbe reicht zurück bis in die Tage des Großen Kurfürsten, der den Hugenotten als Glaubensflüchtlingen eine neue Heimat gab. Der Berliner Wortschatz ist voll von französischen Einflüssen – von Fisimatenten bis Schisslaweng. Aber wie hilft sich der Berliner, wenn ihn ein echter Franzose zur Rede stellt – und keine deutschen Sprachkenntnisse mitbringt. In den Arkaden am Potsdamer Platz haben wir uns umgehört, welche französischen Sätze Passanten spontan über die Zunge kommen. Paula und Pricilla, beide 20, können sich nur entschuldigen. „Je ne comprends pas“, sagt Paula, und Pricilla erklärt: „Je ne parle pas français“. Schade, aber immerhin wissen sich die beiden Berlin-Besucherinnen aus Chile grammatikalisch einwandfrei herauszureden. Und wie steht es um die frankophone Sprachgewandtheit der Einheimischen? Die 15-jährige Chantal aus Wedding hat schon mal einen viel versprechenden Namen, aber sie verstummt. Ihre Freundin hilft aus und flüstert: „C’est la vie.“

Stefanie, gerade vier, kann dagegen schon auf Französisch singen. An der Hand ihres Vaters erinnert sie sich an das Lied, das die beiden eben im Auto gesungen haben: „Frère Jacques, frère Jacques, dormez-vous?“ Den Älteren kommen eher politische Bekenntnisse der „Grande Nation“ über die Lippen. „L’ état, c’est moi“, erinnert Herbert, 68, aus Tempelhof, an den Absolutisten Ludwig XIV. Und die beiden 20-jährigen Freunde, die einen aufgedrehten Cassettenrecorder mit sich herumtragen, aus dem französischsprachiger Reggae zu hören ist, geben sich kämpferischer: „Vive la révolution“, ruft Casimir aus Friedrichshain, und sein Freund Thomas ergänzt: „Vive la France.“

Die meisten Befragten gaben allerdings Französisch-Kenntnisse zum Besten, die eindeutige Absichten zum Ausdruck bringen. Toni, David, Heike, Tilo und viele mehr fragten: „Voulez-vous coucher avec moi?“ Wenn’s der deutsch-französischen Freundschaft dient, dürfte auch das erlaubt sein.

Vincent Lindig, Philipp Scholz

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