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Berliner Schüler: Flagge zeigen für die Piraten

Berliner Schüler haben schon gewählt. Beim Juniorentscheid bekamen auch kuriose Parteien Stimmen.

Der Stimmzettel sieht aus wie das Original – nur die Wähler, die vor den Kabinen sitzen und ihr Kreuzchen machen, sind eigentlich ein paar Jahre zu jung. Die 14- bis 16-jährigen Schüler des Moabiter Menzel-Gymnasiums nehmen an der Juniorwahl teil, einem bundesweiten Projekt, das die Europawahl simuliert.

„Für viele Schüler ist Europa ein sehr abstraktes Gebilde“, sagt Wahlleiter sowie Geschichts- und Sozialkundelehrer Florian Bublys. Im Unterricht hat der 31-Jährige mit seiner neunten Klasse deshalb über europäische Institutionen und Parteien gesprochen, Wählerverzeichnisse angelegt und Wahlbenachrichtigungen ausgeteilt. Am Freitag wurde ein Klassenraum zum Wahllokal, und die Schüler gaben ihre Stimme ab. In Berlin nehmen an 20 Schulen rund 4500 Schüler an der Juniorwahl teil, bundesweit machen 85 000 Jugendliche mit.

Schnell bildet sich eine lange Schlange vor dem Raum mit den abgeschirmten Kabinen. Kurz bevor es zur Sache geht, wird heiß diskutiert: Welche Partei steht nochmal für was? Und wieso sollte man sie wählen? Die Gründe dafür reichen von „Ich hab schon mal was von denen gehört“ bis zu fundierteren Meinungen.

Lina Anderhalten, 14, und die 15-jährigen Aybike Yigit und Felix Rumbucher sind Wahlvorstand und gut über Europa informiert. „Wir mussten selbst Bescheid wissen, um auch die anderen zur Wahl motivieren zu können“, sagt Aybike – auch am Menzel-Gymnasium entscheidet jeder für sich, ob er wählen geht oder nicht. Mit 87 Prozent Wahlbeteiligung hätte die Politik hier allerdings ein Traumergebnis erreicht.

Aybike hat sich für die Linke entschieden, „weil sie für ein sozialeres Europa steht“. Lina und Felix machen ihr Kreuz bei der SPD. Die SPD, vermuten die drei, liege an ihrer Schule insgesamt in Führung. Die Grünen hätten gute Karten, danach kämen die anderen großen Parteien. Erst weit abgeschlagen folgten wohl Splitterparteien wie die Tierschutz- oder die Piratenpartei. „Einige haben sich einen Spaß gemacht und die Piratenpartei gewählt, weil sie für freies Internet für alle steht“, sagt Felix. Für viele Schüler sei die Juniorwahl der erste Kontakt mit demokratischen Prinzipien, sagt Gerald Wolff vom Verein Kumulus, der das Projekt organisiert. „Bei Erstwählern mit der Information anzusetzen, ist sehr spät.“ In Förderschulen, Haupt- und Realschulen soll die Juniorwahl deshalb dabei helfen, schon früh eigene Meinungen zu bilden.

„Die Hemmschwelle, später wirklich wählen zu gehen, ist jetzt niedriger“, sagt Felix. Die Ergebnisse der Juniorwahl stehen jedoch erst heute Abend fest, wie bei der echten Europawahl.

Patricia Hecht

Ergebnisse ab 18 Uhr im Internet unter www.juniorwahl.de

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