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Berlin: Berliner SPD Parteivorsitz: Jetzt will der ewige Stellvertreter Hermann Borghorst mal endlich selber ran

"Wenn sich in den Grundstrukturen nichts ändert, werden wir keine Chance haben, wieder stärkste Partei zu werden", schreibt Hermann Borghorst in seinem Thesenpapier für "Erneuerung, Aufbruch und Profil". Recht hat er, falls er damit die Verkrustungen und die mit Narben übersäte Seele der Berliner SPD meint.

"Wenn sich in den Grundstrukturen nichts ändert, werden wir keine Chance haben, wieder stärkste Partei zu werden", schreibt Hermann Borghorst in seinem Thesenpapier für "Erneuerung, Aufbruch und Profil". Recht hat er, falls er damit die Verkrustungen und die mit Narben übersäte Seele der Berliner SPD meint. Nur spielt auch er schon seit vielen Jahren als einflussreicher Multifunktionär seine Rolle. Jetzt will er Peter Strieder den Parteivorsitz abjagen. Aber so einer fällt nicht mit der Tür ins Haus, sondern wartet ab, bis er laut genug gerufen wird - und es sieht ganz danach aus. Er wird sich etwas dabei gedacht haben, als er fünf Wochen vor der Neuwahl des Landesvorstandes mit seinem Thesenpapier überraschte - just, als sich die Partei auf Strieder eingeschossen hat. Zufall, sagt er.

Immer war er Stellvertreter. Als Vize-Kreischef in Neukölln hat er seine Hausmacht begründet. Seit langem ist er stellvertretender Landes- und Fraktionschef der SPD, wirtschaftspolitischer Sprecher der Fraktion, stellvertretender Landesbezirksleiter der IG Bergbau, Chemie, Energie für Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Sachsen. 1998, als Arbeitssenatorin Christine Bergmann zur Bundesministerin aufrückte, wollte er Senator werden. Nach der Berliner Wahl 1999 wieder. Damals ließ sich seine Ehefrau, Staatssekretärin Helga Korthaase, mit 60 plötzlich pensionieren. Prompt wurde spekuliert, sie wolle ihrem Hermann den Weg in den Senat ebnen, weil ja eine Regierung kein Familienbetrieb ist. Aus der Senatskarriere wurde nichts. Nun wollte er Fraktionschef werden, aber die Fraktion wählte Klaus Wowereit. Seither galt Borghorst als der ewige Stellvertreter. Doch wenn Senator Strieder zum Verzicht auf den Landesvorsitz erst weich geklopft ist, wird garantiert Borghorst SPD-Chef.

Doch soweit ist es noch nicht. Es gibt Stimmen, die Strieder raten, um den Vorsitz zu kämpfen. Würde Borghorst Vorsitzender, so heißt es, wäre es wieder nur eine Wahl gegen einen alten Vorsitzenden.

Borghorst selbst sagte einmal: "Ich bin ein Rädchen". Doch was für eines! Er hat die Gabe, unauffällig in der Kulisse zu stehen und die Strippen zu ziehen. Auf dem rechten Flügel der SPD, auf dem Gewerkschaftsflügel, als Vorsitzender der wichtigen Antragskommission auf Parteitagen, für Kompromisse mit den Linken, in Kungelrunden aller Art. Und immer drückt er sich vorsichtig aus, einer, der zwischen seiner "persönlichen Meinung" und der Mehrheit jongliert. Nur wenn er Reden hält, spricht er so laut, als könne er allein damit alle überzeugen.

Hermann Borghorst hat Genossen gefördert und fallen lassen, also auch zu Wahlniederlagen und Wunden beigetragen. Annette Fugmann-Heesing haben die Strieders und Bögers abserviert. Aber dem Gewerkschafter Borghorst ging ihr Privatisierungskurs gegen den Strich. So versuchte er vergeblich, bei der Privatisierung der Bewag zu bremsen. Was bleibt vom Fugmannschen Modernisierungsgebäude, wenn Borghorst Parteichef wird? Vermutlich Wowereit als Hauswart.

Von diesem Kurs steht nichts im Borghorstschen Thesenpapier. Dafür etwas von einer offenen Auseinandersetzung mit der PDS, die die Linken schon lange wollen. Und als Bonbon für die Öffentlichkeit ein flammendes Plädoyer für den Wiederaufbau des Stadtschlosses, alles unter dem Motto: "Unsere Herzen schlagen für die Menschen, für die Berlinerinnen und Berliner."

Der an der FU promovierte Diplom-Politologe Borghorst, achter Spross eines Handwerkers aus dem Emsland, wird am Vorabend des Parteitages 53. Die letzte Chance, von der Nummer zwei zur Nummer eins vorzustoßen. Noch gibt es nur die Kampfkandidatur zwischen Strieder und Stefan Grönebaum, heute treten sie in Schöneberg/Tempelhof auf. Aber wenn der unbekannte Linke aus Friedenau Strieder auf Null bringen kann, dann kann das der bekannte Borghorst schon lange. So wird Grönebaum unverhofft sein Steigbügelhalter. Will er aber nicht. Egal, ob Strieder oder Borghorst, er kandidiert weiter, Ja, wenn "ein Matthias Platzeck der Berliner SPD käme", würde er beiseite treten. Den aber sieht er nicht.

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