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Engagiert: Charité-Schwestern kümmern sich in der Interimsklinik auf dem Campus in Mitte um einen Patienten.

© dpa/ Maurizio Gambarini

Berliner Universitätsklinik auf Diät: Charité macht 7,6 Millionen Euro Plus

Die landeseigene Universitätsklinik macht Gewinn - teilweise wohl auf Kosten der Mitarbeiter. Denn Krankenkassen und Staat finanzieren die Kliniken nur knapp. Die Gewerkschaften fordern Zusatzpersonal.

Zähe Gespräche mit dem Senat um Bauzuschüsse, harte Verhandlungen mit den Drittmittelgebern um Forschungsgelder – und offenbar immer effizienter arbeitende Ärzte, Schwestern und Techniker: Die Charité hat trotz steigender Kosten erneut ein Plus erwirtschaftet. 2014 blieben nach vorläufigen Zahlen 7,6 Millionen Euro übrig – angesichts eines Jahresumsatzes von 1,2 Milliarden Euro eher ein symbolischer Gewinn, aber: „Dass wir das im vierten Jahr in Folge schaffen“, sagte Charité-Chef Karl Max Einhäupl, „zeigt, dass das keine Eintagsfliege ist“. Möglich aber wurde das nur durch enorme Effizienzsteigerungen: Die Durchschnittsverweildauer der Patienten auf den Stationen verkürzte sich 2014 weiter. In fünf Jahren sank sie von fast sieben auf weniger als sechs Tage.

Charité-Chef Einhäupl: Bundespolitik muss Kliniken sichern

„Wir haben die untere Grenze des Möglichen erreicht“, sagte Charité-Finanzchef Matthias Scheller am Mittwoch. Früher könne man die Patienten nicht entlassen. Am Mittwoch hatte die Spitze der landeseigenen Universitätsklinik zum Bilanz-Gespräch geladen – und Einhäupl wurde grundsätzlich: „Ein Plus schaffen die meisten Universitätskliniken schon lange nicht mehr.“ Bei steigenden Preisen und zunehmendem Wettbewerb um Patienten dürfte das in fünf Jahren keiner Klinik mehr gelingen. Bundesweit wird um die Krankenhausfinanzierung gestritten. Weil Universitätskliniken komplexere Fälle versorgen als die meisten anderen Krankenhäuser, haben sie noch höhere Kosten. „Hier muss sich in erster Linie die Bundespolitik etwas einfallen lassen“, sagte Einhäupl. Auf Bundesebene werden die Grundprinzipien der Krankenhausfinanzierung ausgehandelt.

Wissenschaftsenatorin Scheeres warnt vor Unterfinanzierung

Wissenschaftssenatorin und Charité- Aufsichtsratsvorsitzende Sandra Scheeres (SPD) sieht das ähnlich. Sie warnte vor einer Unterfinanzierung und kündigte an, auf Bundesebene für Extramittel zu streiten. Im Gespräch seien Zuschläge für Hochschulambulanzen, allerdings hätten in der zuständigen Bund- Länder-Kommission gerade nicht die Wissenschaftsminister gesessen.

Charité-Chef Karl Max Einhäupl und Wissenschaftssenatorin Sandra Scheeres, hier beim Richtfest des OP-Neubaus in Mitte im Januar.

© dpa/ Britta Petersen

Um mit knappen Mitteln die steigende Zahl von Patienten zu versorgen, hatte die Charité-Spitze die Effizienz ihrer Stationen erhöhen lassen. Vor allem der Druck auf die Pflegekräfte stieg, weshalb die Gewerkschaften derzeit nicht höhere Löhne, sondern Zusatzpersonal fordern. „Wir wissen, was wir unseren Mitarbeitern zugemutet haben“, sagte Einhäupl. Die insgesamt 16 000 Mitarbeiter kümmerten sich 2014 um 657 000 ambulante und 139 000 stationäre Fälle.

Investitionen des Landes reichen nicht, die Pauschalen der Krankenkassen auch nicht

Grundsätzlich gilt: Die Länder bezahlen Bauten und Technik der relevanten Kliniken, die Kassen übernehmen Personal, Medikamente und Energie. Nur erstens sind die Landesmittel gerade in Berlin begrenzt – auch wenn sich Einhäupl am Mittwoch artig für die rund 60 Millionen Extra-Euro aus dem neuen Sonderinvestitionsfonds des Landes bedankte. Und zweitens müssten die Krankenkassen ihre Pauschalen massiv erhöhen, denn die Preise für Arzneimittel und Energie, aber auch die Kosten für Fachkräfte steigen schneller, als die Kassen sie bisher ausgeglichen haben. Inzwischen dürften etwa OP-Schwestern erkannt haben, dass sie mehr Lohn fordern können – oder eben in München, Zürich oder Wien anfangen, wo mehr gezahlt wird.

Angesichts knapper Investitionsmittel plädiert Charité-Chef Einhäupl dafür, dass grundsätzlich die Kassen die Kliniken finanzieren sollen. Dafür könnten die Versicherungen womöglich Steuermittel bekommen. So fänden Investitionen dort statt, wo sie aus medizinischer Sicht nötig wären und nicht nur dort, wo die Landeskassen voll sind.

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