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Berlin: Berlins Kinder können am besten Probleme lösen

Im Ländervergleich landet die Stadt auf hinteren Plätzen, liegt aber vor Hamburg und Bremen. Schwächen in Mathe und Lesen

Berliner Schüler müssen noch viel dazulernen, um deutschlandweit und vor allem international mithalten zu können. Beim Pisa-Ländervergleich schnitten sie in drei von vier geprüften Bereichen unterdurchschnittlich ab. Besonders in Mathematik und im Lesen ist das Ergebnis traurig: In Mathematik landeten die Berliner auf Platz 13 von 16, im Lesen auf Platz 11. Rechnet man den Unterschied zwischen Berlin und Spitzenreiter Bayern in Unterrichtsstoff um, sind bayerische Schüler den Berlinern in Mathematik ein dreiviertel Jahr voraus.

Bei den Naturwissenschaften sieht es besser aus: Hier erreichten die Berliner Platz 10, liegen aber noch unter dem deutschen und unter dem OECD-Durchschnitt. Gut sind die Kinder im Problemlösen, sie erreichten Platz 7. Damit liegen sie über dem internationalen, aber noch unter dem deutschen Durchschnitt.

„Das ist eine gute Ausgangsposition, von der aus wir unseren Reformkurs fortsetzen werden“, sagte Bildungssenator Klaus Böger (SPD). Er hob hervor, dass Berlin in allen getesteten Bereichen an der Spitze der drei deutschen Stadtstaaten liegt. „Befriedigend“ sei das Ergebnis aber nicht. „Berlin kann es besser.“ Dennoch: Das Resultat sei „Ansporn“ und „Ermutigung“. In vielen Bereichen würden die Reformen jetzt erst beginnen und hätten sich noch gar nicht niederschlagen können. Böger verwies vor allem auf die vorgezogene Einschulung mit fünfeinhalb Jahren ab dem kommenden Schuljahr, auf die verstärkte Frühförderung der Sprachfähigkeit vor allem der Migrantenkinder und auf den Ausbau der Ganztagsbetreuung an den Grundschulen.

Für die Studie wurden 2003 in Berlin 4600 15-Jährige aus 115 Schulen in Mathematik, Lesen, Naturwissenschaften und im Problemlösen getestet. Sie wurden per Zufallsprinzip ausgewählt. Ein Viertel der Teilnehmer sind Migrantenkinder, fast ein Viertel ging zum Testzeitpunkt erst in die achte Klasse.

Die Studie zeigt, dass es in Berlin mehr als in Brandenburg, Bayern, Thüringen und Sachsen vom Elternhaus abhängt, welche Lernerfolge ein Kind hat. Auch ist in der Hauptstadt die Kluft zwischen den Leistungen der schwachen Schüler und denen der guten besonders groß.

Ob das schlechte Abschneiden Berlins mit dem hohen Anteil an Migrantenkindern zusammenhängt, ist offen. Die Pisa-Experten kamen zu dem Ergebnis, dass dieser zumindest für das schlechte Resultat in Mathematik keine Rolle spielt. Böger bezweifelt aber, dass die Pisa-Studie in diesem Punkt aussagekräftig ist, da unterschiedliche Definitionen zugrunde liegen. Für die Kultusministerkonferenz (KMK) bestehe ein Migrationshintergrund, wenn mindestens ein Elternteil nicht in Deutschland geboren ist. Berlin hat eine andere Definition: die Frage, ob zu Hause deutsch gesprochen wird. Danach käme laut Böger eine viel größere Gruppe zustande. In diesem Schuljahr seien 31 Prozent der Berliner Schulkinder „nicht deutscher Herkunftssprache“, vor zehn Jahren waren das noch 18 Prozent. „Die KMK unterschätzt das Problem, das wir haben“, sagte Böger. Aufschluss über den Zusammenhang zwischen Migrationshintergrund und Schulerfolg soll der zweite Teil der Pisa-Studie geben, der im November vorgestellt werden soll.

Böger hatte in den vergangenen Tagen das schlechte Abschneiden Berlins auch mit den schlechten sozialen und wirtschaftlichen Bedingungen der Stadt erklärt. Das sieht Gerhard Schmid, der bildungspolitische Sprecher der CDU, anders: „Das schlechte Pisa-Ergebnis ist weniger Ausdruck der sozialen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, sondern hausgemacht.“ Jahrzehntelang sei viel Geld falsch eingesetzt worden, nämlich nicht für die Sprachförderung der Migrantenkinder. Ganze Generationen seien dadurch für die Berufsbildung verloren gegangen. Auch die gerade erfolgte Abschaffung der Vorklassen sei falsch.

Mieke Senftleben, die bildungspolitische Sprecherin der Berliner FDP, führt das schlechte Abschneiden der Hauptstadt darauf zurück, „dass Böger zu spät Reformen eingeleitet hat, sie nur halbherzig angeht und die Rahmenbedingungen nicht stimmen“. Schulen müssten noch viel mehr auf die individuelle Förderung und auf die Leistungsbereitschaft der Kinder setzen. Voraussetzung sei, dasswenigerUnterrichtausfalleundSchulen mehr Selbstständigkeit bekämen.

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