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Klassenzimmer für alle. Ab 2020 sollen behinderte und nichtbehinderte Kinder in Berlin überall gemeinsam lernen können. Doch noch sind längst nicht alle Schulen dafür gerüstet. Die Fläming-Grundschule in Friedenau bildet eine der wenigen Ausnahmen.

© Thilo Rückeis

Investitionsstau: Berlins Schulen sind eine Milliarden-Baustelle

Die Bezirke rechnen mit immensen Kosten für behindertengerechten Umbau. Außerdem fehlen wegen steigender Schülerzahlen Räume. Und der Investitionsrückstau bei den kaputten Fenstern, Fassaden und Dächern ist auch noch nicht aufgelöst.

Berlin findet keinen Weg aus dem Sanierungsstau an den Schulen. Trotz der Investitionsprogramme der vergangenen Jahre wird die Finanzierungslücke immer größer. Steigende Schülerzahlen, behindertengerechte Umbauten, Fusionen, Brandschutz und Altlasten treiben die Kosten in die Höhe. Die Bezirke schätzen, dass ihnen inzwischen wieder weit über eine Milliarde Euro fehlt, wobei die Ausgaben für Inklusion noch nicht berücksichtigt sind. Nach vorsichtigen Hochrechnungen einzelner Bezirke könnte ein weiterer dreistelliger Millionenbetrag fällig werden. Genau weiß zurzeit noch niemand zu sagen, welche Investitionen nötig sind, damit bis 2020 alle rund 17.000 Kinder mit Behinderungen in allgemeinbildenden Schulen unterrichtet werden können. Der Beirat für Inklusion kann dazu keine Angaben machen, weil jeder Bezirk für sich erstmal entscheiden muss, welche Schulen für welche Förderschwerpunkte ausgebaut werden sollen. Zudem hängt es vom Gebäudezustand einer Schule ab, wie teuer die nötigen Veränderungen sind. Bekannt ist bislang lediglich, dass nur jede vierte Schule für Rollstuhlfahrer nutzbar ist. Die anderen Behinderungen sind dabei noch nicht berücksichtigt. „Ein Fahrstuhl kann 50.000 Euro bis 300.000 Euro kosten – je nachdem, ob eine Schule beispielsweise unter Denkmalschutz steht“, erläutert der für den Hochbau zuständige Stadtrat von Charlottenburg-Wilmersdorf, Klaus-Dieter Gröhler (CDU). Weitere Kosten entstehen dadurch, dass Türen verbreitert oder behindertengerechte Toiletten eingebaut werden müssen.

Kompliziert wird es auch, wenn – wie in alten Schulen häufig der Fall – noch einzelne Treppenstufen überwunden werden müssen. „Um 60 Zentimeter zu überbrücken, braucht man eine zehn Meter lange Rampe“, rechnet Gröhler vor. Darüberhinaus müssen Schwerpunktschulen mit Blindenschrift ausgestattet werden oder auch mit so genannten taktilen Symbolen, damit Sehgeschädigte wichtige Informationen ertasten können. Entsprechend muss für Hörgeschädigte die Akustik verbessert werden.

Und schließlich muss auch die größte Gruppe mit Förderbedarf bedacht werden: Das sind die Schüler mit Verhaltens- und Lernproblemen. „Sie brauchen keine Fahrstühle sondern zusätzliche Räume, damit man sie zwischendurch auch in Kleingruppen unterrichten kann“, mahnt die Vorsitzende des Inklusionsbeirates, Sybille Volkholz. Eine vorsichtige Schätzung der zu erwartenden Ausgaben versucht der Bildungsstadtrat von Friedrichshain-Kreuzberg, Peter Beckers (SPD). Er geht davon aus, dass sein Bezirk „mindestens 60 Millionen Euro braucht, es können aber auch 100 Millionen werden“. Kosten fürs Mobiliar kämen noch hinzu.

Beckers Kollege aus Charlottenburg- Wilmersdorf, Gröhler, wagt noch keine vergleichbare Schätzung, weist aber darauf hin, dass sein Bezirk auch ohne die Inklusion einen Investitionsrückstau von 120 Millionen Euro habe – allein wegen der vielen Altbauten. Der 150-Millionen-Segen für Berlin aus dem vergangenen Konjunkturprogramm des Bundes ist hier wie auch in den anderen Bezirken in die energetische Sanierung und in den Ausbau der Schulkantinen geflossen. Solange es keine neuen Programme vom Bund gibt, müssen die zwölf Bezirke wieder mit dem vorliebnehmen, was das Land ihnen jährlich aus dem Schulanlagensanierungsprogramm gibt und das sind insgesamt 48,3 Millionen Euro. Allerdings steht dieses Geld weiniger für Fahrstühle oder Zusatzräume zur Verfügung als für undichte Fenster, Dächer und marode Sanitärräume.

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