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Berlin: Bernhard Höfert, geb. 1956

Bernhard Höferts Geschichte in Berlin, der Stadt in der er nur sechs seiner 44 Lebensjahre verbringen sollte, ist zugleich die Geschichte der Eggert-Orgel in der Herz-Jesu-Gemeinde in Prenzlauer Berg. 1995 kam Bernhard Höfert aus dem Schwäbischen nach Berlin.

Bernhard Höferts Geschichte in Berlin, der Stadt in der er nur sechs seiner 44 Lebensjahre verbringen sollte, ist zugleich die Geschichte der Eggert-Orgel in der Herz-Jesu-Gemeinde in Prenzlauer Berg. 1995 kam Bernhard Höfert aus dem Schwäbischen nach Berlin. "Der Arbeit wegen", sagt Mathias Kohl, Küster der Herz-Jesu-Gemeinde. Mit einem Kleinbus, in dem all seine persönlichen Dinge Platz gefunden hatten, stand der allein stehende Mann schließlich vor der Tür des Pfarramtes.

Höfert, der zuvor als Lehrer an einer Waldorfschule gearbeitet hatte, wollte als Organist in der Gemeinde anfangen. Dass er krank war, wusste man hier von Anfang an. Eine Immunschwäche hatte den damals 39-Jährigen zum Schwerbehinderten gemacht. Häufige Krankenhausaufenthalte gehörten für ihn zum Alltag. Der zurückhaltende, unglaublich hagere Mann mit dunkelblondem Vollbart und Nickelbrille suchte in Berlin womöglich weniger eine Arbeit, als eine Aufgabe. "Ums Geld ging es ihm nicht, schließlich bekam er seine Invalidenrente", sagt Mathias Kohl.

Irgendwie seltsam war der Mann, der sich so gut mit Orgeln und Musik auskannte und so oft mit den Menschen aneckte. Dass sich in der seit Jahrzehnten heruntergekommenen Eggert-Orgel aus dem 19. Jahrhundert ein echtes Kleinod verbarg, merkte der begabte Musiker sofort. Pneumatische Orgeln wie diese - bei denen die Töne durch ein ausgefeiltes Luftsystem erzeugt werden - sind heute eine Seltenheit. Sie zu retten und wieder in Stand zu setzen, wurde für Bernhard Höfert zur Obsession. Obwohl sein Vertrag mit der Gemeinde als Organist und Chorleiter nur über zehn Stunden pro Woche ging, beschäftigte sich Höfert mit viel Engagement und Leidenschaft bald hauptberuflich mit der Instandsetzung der Orgel.

Bernhard Höfert führte auch einige Neuerungen in der Gemeinde ein. Er schuf den "Lesomo", den letzen Sonntag im Monat, an dem nun Konzerte und kleinere Veranstaltungen in der Kirche stattfanden. "Höfert schmückte die Kirche, stellte entsprechend der Festtage Kerzen auf", sagt Kohl, der als Küster nebenbei auch im Chor singt. "Er bemühte sich um eine besondere Atmosphäre. Immer wieder lud er uns nach dem Chor zu einem Essen ein. Er backte selbst oder kochte für uns."

Vor allem aber kümmerte er sich um die Orgel. Schließlich überzeugte er den Kirchenvorstand durch seine Hartnäckigkeit und seinen Sachverstand davon, dass die Restaurierung der Eggert-Orgel Geld kostet. Als dann auch noch Zuschüsse in Aussicht standen, war die Entscheidung gefallen. "Ohne Bernhard Höfert wäre es wahrscheinlich nicht dazu gekommen", sagt Mathias Kohl. Der Küster und der Kirchenmusiker wurden Freunde.

Dabei war es keineswegs einfach, Höferts Freund zu sein. "Er war ein schwieriger Mensch", sagt Kohl. Introvertiert und menschenscheu sei er gewesen. Als Künstler fühlte er sich häufig missverstanden. Er überwarf sich schließlich auch mit dem Gemeinderat. Knapp zwei Jahre, nachdem Höfert in Berlin angekommen war, reichte er seine Kündigung ein. "Sein Herzblut floss aber weiter in Herz-Jesu", erzählt Kohl. "Immer wieder kam er in die Kirche, um zu sehen, wie weit die Arbeit an der Orgel vorangeschritten war." Einige wenige Male spielte er noch auf der restaurierten Orgel, als Vertretung für den neuen Organisten.

Mathias Kohl hielt weiter den Kontakt zu Bernhard Höfert. "Wir telefonierten hin und wieder", sagt er. "Anfang Oktober rief er mich noch mal aus dem Krankenhaus an. Da klang er schon sehr schwach." Wenige Tage später starb Bernhard Höfert dort an seiner Immunschwäche.

In einem Nachlass hat er seine Verbrennung gewünscht und eine anonyme Bestattung. Der Chor der Herz-Jesu-Gemeinde hat trotzdem an seinem Grab gesungen, und ein befreundeter Geiger spielte für Bernhard Höfert auf.

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