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Der 64-jährige Axel Hilpert muss sich wegen Subventionsbetruges vor dem Landgericht Potsdam verantworten.

© Manfred Thomas

Besetzungsrüge gegen Strafkammer: Prozess gegen Hilpert beginnt mit Verzögerung

Kaum hat der Prozess gegen Schwielowsee-Betreiber Axel Hilpert begonnen, rügt dessen Anwalt das Landgericht. Nun ist nicht ausgeschlossen, dass der Prozess platzt.

Sofort wird im Fall Axel Hilpert mit allen Finessen gefochten: Der Betrugsprozess gegen den 64-jährigen Hotelier, früheren DDR-Devisenbeschaffer und Stasi-Mitarbeiter, der das Land Brandenburg um rund neun Millionen Euro Fördermittel betrogen haben soll, ist am Montag mit einer Verzögerung gestartet. Kaum war die Hauptverhandlung vor dem Potsdamer Landgericht eröffnet, wurde sie bis zum 25. Januar unterbrochen. Das entschied die 4. Große Strafkammer, nachdem die Verteidigung den Geschäftsverteilungsplan des Landgerichts gerügt und damit die Zuständigkeit der Kammer für das Verfahren angezweifelt hatte.

Nun sind sogenannte Besetzungsrügen oder Befangenheitsanträge zum Prozessauftakt zwar üblich. Doch mit der konkreten Begründung hat Anwalt Stefan König, einer der gleich drei Rechtsbeistände Hilperts, das Gericht offenbar überrascht. Eine derartige Rüge habe er „in 20 Jahren noch nicht gehabt“, sagte der Vorsitzende Richter Andreas Dielitz. Ehe darüber entschieden wird, soll erst eine Stellungnahme des Präsidenten des Landgerichts eingeholt werden. Nach Angaben von Gerichtssprecher Frank Tiemann ist nicht ausgeschlossen, dass der Prozess platzen könnte.

Der somit unerwartet kurze Prozessauftakt war von aufwendigen Sicherheitsvorkehrungen und einem großen öffentlichen Interesse begleitet. Der Saal 8, der größte im Gericht, war bis auf den letzten Platz gefüllt. Nicht alle kamen hinein. 54 Journalisten und Zuschauer, darunter mehr als ein dutzend Familienangehörige wie Tochter und Sohn, Bekannte und „Freunde der Familie“, wie es hieß, verfolgten das Geschehen. Der 64-jährige Angeklagte, der seit Juni 2011 in Untersuchungshaft sitzt, wirkte äußerlich zwar etwas mitgenommen, blasser als früher. Doch er bemühte sich um einen gelassenen, selbstsicheren Eindruck. Den Blickkontakt mit den Kameras scheute er nicht. Ehe man ihn aus dem Saal führte, antwortete Hilpert auf den Zuruf eines Boulevard-Reporters, was er in der Haft am meisten vermisse, trocken: „Sie!“

Hilpert muss sich wegen Subventionsbetrugs, Steuerhinterziehung und Untreue verantworten. In der noch nicht verlesenen 102-Seiten-Anklageschrift wirft ihm die Staatsanwaltschaft Potsdam vor, beim Bau des „Resorts Schwielowsee“ die Landesinvestitionsbank (ILB) getäuscht zu haben, indem er Investitionskosten künstlich hochrechnete. So soll Hilpert mit Hilfe eines betrügerischen Geflechts zu Unrecht 9,2 Millionen Euro Fördermittel kassiert haben. Wird er verurteilt, drohen ihm bis zu zehn Jahre Haft.

In der Rüge, die zur Unterbrechung der Verhandlung führte, hat Rechtsanwalt König den Geschäftsverteilungsplan des Landgerichtes grundsätzlich infrage gestellt. Er bezweifelte, dass am Gericht die Voraussetzungen für zwei Wirtschaftskammern überhaupt erfüllt sind. Die bisher für das Hilpert-Verfahren zuständige 2. Wirtschaftskammer sei im Jahr 2011 zu 64 Prozent mit allgemeinen Strafsachen, 2010 sogar zu 79 Prozent befasst gewesen, sagte er. Dies widerspreche dem gesetzlichen Gebot, Wirtschaftsverfahren an einer spezialisierten Kammer zu konzentrieren. Zudem bestünde bei der Praxis die Möglichkeit, dass sich „rein theoretisch“ die Staatsanwaltschaft mit dem Zeitpunkt der Anklage die ihr „genehmere“ der beiden Kammern aussuchen könne. Warum die letzten Donnerstag per Fax um 21.57 Uhr an das Gericht geschickte Rüge die Kammer erst am Montagmorgen erreichte, blieb offen.

Neben dem Ansatz für eine spätere mögliche Revision hat die Rüge aber eine aktuelle Stoßrichtung, wie König deutlich machte: Werde ihr stattgegeben, sei klar, „dass der Haftbefehl sofort aufgehoben werden muss“. Schließlich dürfe die Untersuchungshaft „nicht wegen organisatorischer Mängel des Gerichtes verlängert werden“. Auch zur Taktik, zum weiteren Vorgehen gab es von der Verteidigung nun erste Aussagen. So soll nach Verlesung der Anklage eine „Eröffnungserklärung“ abgegeben werden, sagte König. „Wir haben gute Argumente. Das Kernproblem ist die ILB.“ Sein Mandant werde sich zu Beginn nicht äußern. König schloss nicht aus, dass sich Hilpert zu einem späteren Zeitpunkt des Verfahrens zu den Vorwürfen erklären wird.

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