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Besoldung: Richter entscheidet: Richter verdienen genug

Ein Zivilrichter wollte mehr Geld. Ein Verwaltungsrichter hatte darüber zu entscheiden - und damit zugleich über sein eigenes Gehalt. Der Kläger unterlag

Von Fatina Keilani

Die Ausgangslage im Gerichtssaal hatte etwas Kurioses. Der Kläger, Richter mit Besoldungsstufe R2, will feststellen lassen, dass er zu wenig verdient. Sein Richter hat die genau gleiche Gehaltsgruppe (R 2, Endstufe, zwei Kinder) und soll darüber befinden – und damit auch über sein eigenes Einkommen . Und auch die Abgesandten des Senats als Beklagtenvertreter verdienen das Gleiche, nämlich gut 5000 Euro netto. Sie müssen begründen, warum das genug ist.

Der Kläger Lothar J. ist Zivilrichter am Landgericht und in Juristenkreisen ein bekannter Mann. Es fing damit an, dass die Beihilfe Arztrechnungen für Zahnbehandlungen seiner beiden Kinder in Höhe von über 4000 Euro nicht vollständig übernahm. Auch stieg sein Gehalt seit Jahren nur minimal. Seine Unzufriedenheit wuchs. Seit 2008 sei das Maß des Hinnehmbaren überschritten, meint der 54-Jährige und klagte. Hinsichtlich offener Beihilferechnungen – diesmal ging es um eine Bildschirmarbeitsbrille – nahm er in der Verhandlung am Dienstag die Klage zurück. Aber zur Besoldung beantragte er festzustellen, dass diese verfassungswidrig zu niedrig bemessen sei. Die Klage wurde abgewiesen – die 28. Kammer unter Richter Gerhard Schliebs kam zu dem Schluss, die Richterbesoldung sei im Land Berlin angemessen. Kläger Lothar J. kündigte an, in Berufung zu gehen.

J. hatte sich unter anderem darauf berufen, die Einkommen von Juristen in der Privatwirtschaft und in großen Rechtsanwaltskanzleien seien in den letzten Jahren deutlich stärker gestiegen als die Einkommen der Richter. Auch würden die Berliner Richter deutlich schlechter alimentiert als Kollegen anderer Bundesländer. „Emotional fühle ich mich degradiert durch meinen Dienstherrn“, fasste J. seine Gefühlslage zusammen.

Die Vertreter der Justizverwaltung gaben J. zwar darin Recht, dass sich die Frage nach der Schmerzgrenze stelle. Sie sei aber nicht erreicht, da dafür laut Bundesverfassungsgericht die Besoldung evident verfassungswidrig sein müsse. Auch den Vergleich mit Topjuristen der Wirtschaft ließen sie nicht gelten: „Dort gilt ein ganz anderes Anforderungsprofil, dort hat man Umsatz- und Personalverantwortung – ein Vergleich wäre eher mit angestellten Anwälten zulässig, aber die verdienen auch nicht wesentlich mehr als wir.“ Den Nachwuchs schrecke das Gehalt jedenfalls nicht ab: Es gingen ständig Bewerbungen um ein Richteramt von Juristen mit Bestnoten ein.

Dass ein Richter den Weg der Klage wählt, fand der Vorsitzende der Kammer vollkommen in Ordnung. „Das ist die einzige Möglichkeit für Richter, wenn sie eine höhere Besoldung wollen, und dazu eine, die sehr rücksichtsvoll für die Allgemeinheit ist. Beamte dürfen eben nicht mit ihren Fahrzeugen die Autobahn blockieren.“ Fatina Keilani

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