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Besuch 2011: Papst will Berliner missionieren

Als sein Vorgänger Johannes Paul II. nach Berlin kam, wurde er ausgepfiffen. Dennoch traut sich Papst Benedikt XVI. kommenden September in die deutsche Hauptstadt.

Da sage nochmal einer, der Papst traue sich nichts: Im September 2011 will er nach Berlin kommen, in die Stadt, in der gerade mal die Hälfte der Menschen an Jesus Christus glauben. In der Papst Johannes Paul II. 1996 mit Gegendemonstrationen und Trillerpfeifen begrüßt und das Papamobil mit Tomaten und Farbeiern beworfen wurde.

Außer nach Berlin will Papst Benedikt XVI. kommenden September auch die Bistümer Freiburg und Erfurt besuchen. Freiburg ist das Heimatbistum von Robert Zollitsch, dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz. Mit seinem Besuch in Erfurt will der Papst in Ostdeutschland ein Zeichen setzen, das für die katholische Kirche als wichtiges Missionierungsgebiet gilt. Der Besuch wird sein erster offizieller Staatsbesuch in Deutschland sein, seine beiden bisherigen Besuche in der deutschen Heimat, 2005 zum Weltjugendtag in Köln und 2006 in Bayern, hatten pastoralen und privaten Charakter.

Am Freitag beeilten sich denn auch Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundespräsident Christian Wulff wie auch der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit, ihre Vorfreude auf den Papst zum Ausdruck zu bringen. Die thüringische Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht nannte den geplanten Papst-Besuch in Thüringen gar „die Erfüllung eines Traums vieler Thüringer“. Auch der baden-württembergische Ministerpräsident Stefan Mappus ist hoch erfreut. Der Besuch habe „in seiner Einzigartigkeit historische Qualität“, erklärte Wowereit.

Wie lange der Papst sich wo aufhalten wird, ist allerdings noch nicht klar. Ebenso offen ist, wo welche Messen gefeiert und wann welche Hände geschüttelt werden oder welche Route das Papamobil nehmen wird. Johannes Paul II. hatte eine zentrale Messe im Olympiastadion gefeiert. „Der Heilige Vater ist willkommen im Olympiastadion“, sagte Stadionmanager Joachim E. Thomas am Freitag. Er stehe auch schon seit langem im Kontakt mit dem Vatikan. Thomas hatte schon den Weltjugendtag 2005 in Köln organisiert. Die Bischofskonferenz geht davon aus, dass sie noch vor Weihnachten Details der geplanten Reise erfährt. Klar dürfte sein: Wenn der Papst in Berlin übernachtet, dann in der Nuntiatur, in der Botschaft des Vatikans, in der Kreuzberger Lilienthalstraße.

Wie sehr sich der Berliner Kardinal Georg Sterzinsky über die Besuchspläne des Papstes freut, war am Freitag nicht zu erfahren. Sterzinsky ist gerade in Rom, wo er zusammen mit den anderen Kardinälen der Weltkirche an einer Beratung teilnimmt. Am heutigen Samstag wird dort auch der Münchner Erzbischof Reinhard Marx in den Kardinalsstand erhoben. Es ist vorstellbar, dass Sterzinsky den Besuch nicht nur als große Freude, sondern auch als große Belastung empfindet. Denn womöglich muss er wegen des Besuchs ein halbes Jahr länger im Amt bleiben. Der Kardinal wird im Februar 75 Jahre alt und wird dem Papst sein Amt zur Verfügung stellen. Das macht jeder Bischof so, wenn er den 75. Geburtstag erreicht hat. Aber Sterzinsky meint es ernst. Er ist sehr krank, öffentliche Auftritte fallen ihm zunehmend schwerer. Gottesdienste kann er manchmal nur sitzend zelebrieren. Dass er seine Amtszeit nicht verlängern möchte, dürfte sich mittlerweile auch im Vatikan herumgesprochen haben.

Wenn Sterzinsky aber tatsächlich im Frühjahr aufhören würde, wäre bis September kein Nachfolger im Amt. Das Prozedere dauert normalerweise mindestens ein Jahr. Dass der Papst ein Bistum besucht, in dem der oberste Stuhl vakant ist, wäre allerdings auch sehr merkwürdig. So könnte es sein, dass er Sterzinsky bittet, noch bis nach dem Besuch im Amt zu bleiben.

In Kirchenkreisen findet man den September als Besuchstermin auch noch aus einem anderen Grund nicht eben glücklich ausgesucht: Am 18. September wird in Berlin ein neues Parlament gewählt. Der Papst könnte mitten in den Wahlkampf kommen, müsste sich womöglich dazu äußern, würde aus wahltaktischen Gründen von allen möglichen Fraktionen in Beschlag genommen.

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