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Die Wand des Kreuzberger Altbaus war zu schwach, um dem Druck des Betons aus dem Neubau standzuhalten.

© Emanuele Giordani

Beton-Unfall in Berlin-Kreuzberg: "Man hat Angst, dass alles einstürzen könnte"

Nachdem ein Altbau in Kreuzberg geräumt wurde, weil flüssiger Beton vom Neubau nebenan die Wand eindrückte, kehren die Bewohner zurück – mit mulmigem Gefühl.

Brocken von Putz liegen am Sonnabend im Treppenhaus des Altbaus in der Kreuzberger Markgrafenstraße. Zwei Tage zuvor drückte hier flüssiger Beton die Wand einer Wohnung im vierten Obergeschoss ein, wobei auch ein Teil der Decke einstürzte. Nebenan entsteht das neue „Metropolenhaus“, für das am Donnerstag an der Wand zum Altbau Betonstützen gegossen wurden.

Die meisten Mieter, die nach dem Zwischenfall die Nacht irgendwo anders verbringen mussten, konnten am Freitagabend wieder in ihre Wohnungen. Eine Rückkehr mit gemischten Gefühlen. So sagt eine Mieterin, deren Familie drei der acht Wohnungen bewohnt: „Wir wollten nicht zurück, aber wir mussten.“ Sie wohnt zwei Etagen unter der beschädigten Wohnung. „Man hat Angst, dass das ganze Gebäude einstürzen könnte“, sagt die Frau. Aber gleichzeitig sei sie auch froh, wieder zu ihren Sachen zu kommen. Wegziehen will sie nicht, sie wohnte schon als Zehnjährige hier.

Schwerer hat es Emanuel Giordani, Mieter der zerstörten Wohnung. Die Räume sind unbewohnbar, am Montag soll er erfahren, wann sie wieder frei gegeben werden kann. Genau gegenüber lebt Nico Sauer, seit mittlerweile sechs Jahren. Im Gegensatz zu seinem Nachbar Giordani war er zu Hause, als der Beton kam. Wir sprachen mit ihm.

Wie haben Sie das Ganze erlebt?
Ich habe einen lauten Knall gehört, die Wände haben gewackelt. Dann bin ich in den Flur gegangen, habe bei den Nachbarn geklopft, aber niemand war da. Ein Stockwerk tiefer habe ich dann Putz gefunden, und dachte, der Krach sei davon gekommen. Als mein Nachbar dann nach Hause kam, holten wir die Feuerwehr.

Sie durften zurück in Ihre Wohnung. Wie war der erste Tag?
Vor allem laut. Da drüben liegen mehrere Tonnen Beton, ein Klumpen, der hart geworden ist. Der wird nun mit dem Presslufthammer klein gemacht und dann abtransportiert. Aber immerhin: Strom und Wasser funktionieren.

Nico Sauer wohnt in dem Haus in der Kreuzberger Markgrafenstraße, das durch Bauarbeiten auf dem Nachbargrundstück schwer beschädigt wurde. Er durfte wieder zurück.
Nico Sauer wohnt in dem Haus in der Kreuzberger Markgrafenstraße, das durch Bauarbeiten auf dem Nachbargrundstück schwer beschädigt wurde. Er durfte wieder zurück.

© Tania Röttger

Fühlen Sie sich unsicher?
Ein bisschen schon. Seit letzten August habe ich einen kleinen Riss in der Decke, da begann der Neubau. Der Riss ist jetzt größer geworden, über die ganze Decke rüber. Der Statiker meinte, der sei nur oberflächlich, ich solle mit einem Hammer den Putz abklopfen. Aber ich haue jetzt bestimmt nicht mit einem Hammer gegen die Decke. Also, ein mulmiges Gefühl bleibt.

Wie haben die Vermieter reagiert?
Zuerst war ich enttäuscht, weil am Donnerstagabend nach dem Zwischenfall keiner mehr erreichbar war. Aber dann sind sie ganz gut mit der Situation umgegangen, haben sich am nächsten Tag darum gekümmert, dass wir Mieter schnell in die Wohnungen zurückkonnten. Aber jetzt muss man sehen, ob das weiter klappt. Der Riss in der Decke macht mir schon Sorgen.

Tania Röttger

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