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Berlin: Betoniertes Gedenken

Die Chefin des Museums am Checkpoint Charlie hat die Mauer wieder aufgebaut. Doch der Senat hat andere Pläne. Ein Pro & Contra

Nein, diesmal soll die Mauer nicht lange bleiben. Die Nachbildung am ehemaligen Grenzkontrollpunkt Checkpoint Charlie wird nur vorübergehend stehen. Da sind sich Kommunal- und Landespolitiker einig. Bis zum 31. Dezember habe Alexandra Hildebrandt, Chefin des Museums Haus am Checkpoint Charlie, Zeit, sie wieder abbauen zu lassen. „Das ist schriftlich vereinbart.“ Darin stimmen sie alle überein: Mittes Bürgermeister Joachim Zeller (CDU), Baustadträtin Dorothee Dubrau (Grüne), die Sprecherin der Bausenatorin Ingeborg Junge-Reyer und Gedenkstättenreferent Rainer Klemke für Kultursenator Thomas Flierl (PDS).

Einig ist man sich auch, dass dem Checkpoint Charlie als wichtigem Anziehungspunkt für Touristen ein schlüssiges Gesamtkonzept fehlt. Zeller spricht von einem „ahistorischen Jahrmarktcharakter“ und erfährt Zustimmung. Der Tenor: Es gibt zu viele unterschiedliche Interessen, private vor allem. Zeller sieht das Land in der Pflicht. Die Stadtentwicklungssenatorin verweist auf das Kulturressort. Flierls Haus arbeite seit Monaten an einem „Konzept auch für den Checkpoint Charlie“, bestätigt Klemke. Er verrät nur so viel: „Eine rekonstruierte Mauer oder etwas Vergleichbares spielt in unseren Überlegungen definitiv keine Rolle. Wir wollen auf moderne Weise verschiedene Orte der Erinnerung in der Stadt verbinden.“

Andernorts hört man, eine virtuelle Stadttour entlang des ehemaligen Mauerverlaufs sei wieder im Gespräch. Mit einer Art Handy kann man wissenschaftlich aufbereitete Informationen über den Wachturm an der Kieler Straße, die East Side Gallery in Friedrichshain und die Mauerreste an der Niederkirchnerstraße oder die Mauergedenkstätte Bernauer Straße abrufen. Das Berliner Forum für Geschichte und Gegenwart hat das System inhaltlich entwickelt. Doch es liegt seit gut einem Jahr in der Schublade der Senatsverwaltung. „Es fehlt noch ein potenter Vermarkter“, sagt Forum-Geschäftsführerin Monica Geyler: „Es wäre schön, wenn dieses System eingeführt werden könnte. Aber es ersetzt nicht das Konzept, wie man diesem Teil der Geschichte gerecht werden will.“ Von den maßgeblichen Stellen, die sich in Berlin mit der Aufarbeitung von DDR-Geschichte befassen, verlautet, man sei von der Kulturverwaltung angesprochen worden. „Es ist vereinbart, die verschiedenen Interessengruppen an einen Tisch zu bringen. Viel konkreter sind die Pläne aber noch nicht“, sagt jemand, der guten Kontakt zu Flierls Ressort hat.

Bis es ein Mauer-Gedenkstättenkonzept gibt, dauert es demnach noch einige Zeit. Bisher wissen die politischen Akteure nur, was sie nicht wollen: eine Mauerreplik am Checkpoint Charlie. Für den Fall, dass Alexandra Hildebrandt sie nicht fristgerecht abtransportiert, „prüfen wir rechtliche Schritte“, sagen Zeller, JungeReyer und Klemke.

Marc Neller

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