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Berlin: Betreten der Baustelle auf eigene Gefahr

In diesem Jahr starben schon fünf Arbeiter. Jetzt wird die Sicherheit beim Bau stärker kontrolliert

Da braucht Norbert Fast nicht lange zu suchen, sieht er doch auf einen Blick: Das Gerüst an der Fassade ist nicht in Ordnung. Der Handlauf zum Festhalten fehlt. Eine Leiter auf der rechten Seite ist nirgendwo zu sehen. „Die Arbeiter sind doch keine Artisten. Zum Hochklettern werden sie nicht bezahlt“, scherzt Fast. Außerdem steht ein Gerüstfuß nicht vorschriftsmäßig auf der Holzplatte am Boden, sondern ragt dort halb rüber.

Genau um diese Fehler aufzudecken, ist der technische Aufsichtsbeamte der Bau-Berufsgenossenschaft da. Schließlich ist so mancher Planungsfehler für die Arbeiter schon zu einer tödlichen Falle geworden. Allein in diesem Jahr sind fünf Arbeiter auf Baustellen tödlich verunglückt. Im vergangenen Jahr waren es vier, 2001 sogar nur zwei „Wir hoffen, dass durch Prophylaxe solche Unfälle verhindert werden“, sagt Robert Rath vom Landesamt für Arbeitsschutz (Lagetsi). Deswegen hat sich die Behörde mit den Berufsgenossenschaften zusammengetan: Unter dem Namen „Netzwerk Baustelle“ besuchen Verantwortliche seit Mai Baustellen – über 50 Mal sind sie schon losgezogen.

Gestern ging’s für sie zum denkmalgeschützten Altbau an der Straße Alt-Köpenick. Hier werden eine Wohnung sowie der Dachstuhl saniert. „Die Fehler am Gerüst sind nicht so gravierend, dass wir sofort ,Stop‘ rufen müssen. Aber ich werde den Bauleiter darauf hinweisen, und er muss veranlassen, dass die Mängel behoben werden“, sagt Fast. Dann marschiert der Trupp nach oben zum Dachboden. Das Problem dort: Das Gebälk ist zu DDR-Zeiten mit hochgiftigen Stoffen wie dem Holzschutzmittel DDT bearbeitet worden, um Ungeziefer zu vernichten. „Nun müssen die Giftstoffe aus den Balken wieder entfernt werden. Der Staub, der beim Abschleifen aufgewirbelt wird, kann für die Arbeiter tödlich sein, wenn sie nicht geschützt sind“, erklärt Robert Rath. Deswegen müssen die Männer, die sich dort bewegen, in spezielle Schutzanzüge schlüpfen und Atemschutzmasken tragen. Diese Belastungen hält nicht jeder aus: Herzkranke, Asthmatiker oder Allergiker gehören hier nicht hin. „Wir überprüfen, ob Nachweise vom arbeitsmedizinischen Dienst vorliegen. Hier ist alles in Ordnung“, bestätigt Fast. Das Urteil der Fachleute: Insgesamt ist die Baustelle recht vorbildlich. „Wir kennen auch andere Fälle. Da mussten wir die Arbeit stoppen, weil’s zu gefährlich war.“

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