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Berlin: Bewährungsstrafe für Korruption im Kulturamt

Als der Clown den Zuschlag für den Auftritt im Kindervarieté bekam, hielt V. die Hand auf. Einer von vielen Vorwürfen. Gericht erließ Strafbefehl

Die Richterin wartete 41 Minuten auf den früheren Mitarbeiter des Kulturamtes Köpenick. Dann verurteilte sie ihn trotz seines unentschuldigten Fehlens. Per Strafbefehl verhängte das Amtsgericht Tiergarten gegen Guido V. wegen Vorteilsnahme eine Strafe von neun Monaten Haft auf Bewährung. Zwischen 1994 und 1999 soll er von Künstlern insgesamt 700 Euro als „Vermittlungsprovision“ kassiert haben.

Der 41-jährige V. war seit 1990 für die Organisation sämtlicher Kulturveranstaltungen des Bezirksamtes zuständig. Bei der Vergabe von Aufträgen soll er in zehn Fällen die Hand aufgehalten haben. „Er hat von den betroffenen Künstlern verlangt, dass sie ihm etwas von der Gage abgeben“, sagte der Staatsanwalt am Rande des Prozesses. Die ersten Schmiergelder sollen für zehn Auftritte eines Clowns beim Kinderweihnachtsvarieté 1994 geflossen sein. Laut Anklage bekam V. etwa 250 Euro in bar. Kassiert haben soll er zudem bei Aufträgen für die künstlerische Leitung des Abschlusskonzertes beim „Köpenicker Sommer“ sowie von 1997 bis 1999 Gelder in Höhe von etwa 400 Euro für Auftritte von Bands bei den „Hauptmann von Köpenick“-Umzügen.

Den Erlass eines Strafbefehls hatte der Ankläger beantragt. Er bezeichnete das Urteil als „nicht milde“ – und deshalb gerecht: Zwar seien keine hohen Beträge geflossen, aber V. habe „hartnäckig und wiederholt“ von Künstlern, die ohnehin nicht viel Geld hätten, für die Vermittlung von Aufträgen die Hand aufgehalten. Der ehemalige Mitarbeiter des Kulturamtes, ein gelernter Schlosser, wurde nach Auskunft eines Prozess-Beobachters des Bezirksamtes gegen eine Abfindung entlassen. Falls der Strafbefehl rechtskräftig wird, wolle das Amt den Fall vor dem Arbeitsgericht neu aufrollen. Guido V. hat nach Zustellung des Strafbefehls zwei Wochen Zeit, Einspruch einzulegen.

Es waren mehrere betroffene Künstler, die den Fall Anfang 2000 ins Rollen brachten. Nach ihren Aussagen prüfte das Amt. Weitere Ungereimtheiten soll es im Zusammenhang mit Auftritten des damaligen Mitarbeiters als Weihnachtsmann gegeben haben. Für Gagen in Höhe von über 15 000 Euro soll er keine Steuern gezahlt haben. Nach Fällen wie dem im Köpenicker Kulturamt haben die Bezirksämter jedenfalls in den letzten Jahren die Innenrevision „aufgerüstet“. Durch Schulungen oder ständigen Revisionsdruck versuchen die Revisoren, den schwarzen Schafen in der Verwaltung auf die Schliche zu kommen.

Kerstin Gehrke

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